Kette und Anhänger
    "Gesegnetes Papstkreuz" mit Zertifikat

  • Vorderseite: Friedenstaube mit Ölzweig
  • Rückseite: Papstwappen und Inschrift "Mater ecclesia ora pro nobis" ("Mutter Kirche, bitte für uns")

    Dieses goldplattierte Kreuz wurde von Papst Benedikt XVI. persönlich gesegnet. Eine Geschenkidee für Ihre Lieben, die für Segenswünsche, Beistand und Zuversicht steht! - Papst Benedikt XVI. segnete dieses goldene Kreuz am Ende der Generalaudienz am 8. Juni 2005 auf dem Petersplatz in Rom. Als Geschenk verkörpert es Segenswünsche in guten wie in schweren Tagen und ist ein besonderes Zeichen der Liebe und Zuneigung. Im Set:

  • Goldplattiertes gesegnetes Kreuz (28 x 28 cm)
  • mit goldfarbener Kette (45 cm lang; 5 cm Verlängerungskettchen)
  • inklusive Echtheitszertifikat
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  KARDINAL MARX’ STIFTUNG
                 Privatvermögen und Staatsgeld
            zu „Der Kardinal setzt ein Zeichen“ - SZ 5. Dezember:2020

Der Hartz-IV-Regelsatz als Leistung des Staates beträgt derzeit 432 Euro monatlich. Davon bildet man kein „Privatvermögen“. Bischöfe in Deutschland erhalten seit der Säkularisation vor über 200 Jahren vom jeweiligen Landesherrn (heute Bundesland) monatliche „Staatsleistungen“, wie Kardinal Marx 13 654 Euro monatlich. Nicht aus
der Kirchensteuer als Mitgliedsbeitrag der Katholiken, sondern aus allgemeinen Steuergeldern.
    Das Bundesland Bayern bezahlt allein pro Jahr 12 Millionen Euro jährlich für die Gehälter der (Erz-)Bischöfe der vier (!) Diözesen. Aus anderen solchen Staatsleistungen, wie etwa dem „Zuschuss für den Sachbedarf der Domkirchen“ in Höhe von 1,5Millionen Euro ergibt sich allein für dieses Bundesland eine Summe von 50 Milionen Euro jährlich (s. Auskunft der Bayerischen Staatsregierung vom 19.05.2020 im Landtag). Bundesweit eine Summe von über 500 Millionen Euro pro Jahr.
    Wenn Kardinal Marx nun also aus seinem „Privatvermögen“ eine Stiftung für Missbrauchsopfer mit 500 000 Euro gründet, so entspricht dies dem Bezug von drei Jahren und zwei Monaten seines Steuergehalts – den in dieser Zeit angesetzten Hartz-IV-Regelsatz zu einem „menschenwürdigen Leben“ für ihn selbstverständlich abgezogen.
    Erstmalig war Marx 2001 Bischof in Trier, hat also seither ein Millionenvermögen durch Steuergelder anhäufen können. Offensichtlich nutzt er nun einen Teil dieses Steuergeldes mit seiner Stiftung für den persönlichen Ablasshandel: Denn 2006 hat er
als Bischof in Trier selbst einenMissbrauchsfall vertuscht. Was ihn, wie es im SZ-Artikel heißt, „immer noch sehr plagt“.
    Schon seit der Weimarer Reichsverfassung wehren sich die deutschen Bischöfe mit einem vermeintlichen „Rechtsanspruch“ immer wieder gegen die Abschaffung ihrer anachronistischen Gehaltszahlungen durch den säkularen Staat. Zuletzt erfolgreich im Einigungsvertrag von 1990.
    Viele Missbrauchsopfer werden sich verhöhnt fühlen, auf „Spenden eines Feudalherrn“ angewiesen zu sein, statt selbst einen Rechtsanspruch auf angemessene monatliche Rente im vierstelligen Bereich gegenüber der Kirche zu haben. Die Bischöfe praktizieren aber lieber Doppelmoral mit doppeltem Boden. Denn substantielle materielle „Hoffnung und Heilung“, so der Name der Marx-Stiftung, beziehen sie offensichtlich nur auf sich selbst.

                                                                 Prof. Dr. Stephan Kösel

                                                                        Freiburg im Breisgau             12.12.2020                                                                 


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     Bischofshüte des Tages:
    Viganò & Combattenti clericali
    Im CIA-Hauptquartier steht’s an der Wand: „Die Wahrheit wird
 euch frei machen.“
(Johannes-Evangelium 8, 32)
. Die US-Agency sieht darin eine Lizenz für Folter und Mord. Bevorzugte Methode der seit 2018 amtierenden CIA-Chefin Gina Haspel war das Waterboarding.
Es gibt in der Trump-Administration eben Beständiges.

   
Seit dem 7. Mai 2020 existiert nun eine Internetseite mit der lateinischen Version des Jesus-Zitats als Webadresse: veritasliberabitvos.info, und einem Aufruf Für die Kirche und die Welt. Initiator ist der Erzbischof Carlo Maria Viganò, bis 2016 kurialer Nuntius in Washington. Bislang foltert er, soweit bekannt, nur seinen eigenen Kopf, spürt aber den Teufel immer und überall.
    Gegen die Pandemie riet Viganò zu dessen Austreibung und verlangte u.a. die Wiedereröffnung der Bäder an dem französischen Marienwallfahrtsort Lourdes. Im heiligen Heilwasser könne sich niemand anstecken. Aber Satan ist dem hohen Herrn voraus: Laut Viganò verfolgen Jesuiten seit 60 Jahren einen marxistischen Plan, um die Papstkirche fort von Liturgie und Moral hin zu sozialem Klimbim umzugestalten. Zentraler Beweis: der Jesuit Franziskus auf dem Vatikanthron.
    Zweiter Beweis: die Corona-Pandemie. Hinter der stehen, so der Aufruf,
die
Mächte der Finsternis, die eine Weltregierung anstreben und eine Politik der drastischen Bevölkerungsreduzierung verfolgen. Unterschrieben haben dies u. a. drei Kardinäle, ausgewiesene Franziskus-Feinde. Die Deutsche Bischofskonferenz ist entsetzt, die Laienbewegung Wir sind Kirche spricht von Mietlingen (Johannes 10, 12).
   Waren das noch Zeiten, als die Kirche bei Pandemien einfach foltern und verbrennen konnte - zumeist Juden. Aber noch teilen Viganò & Fraternità, 
CIA und Freiheitsdemonstranten auf Hygienedemos den Glauben an den Teufel. Den spüre das Völkchen nie, auch wenn er sie beim Kragen hätte, meinte Mephisto bei Goethe. Dank Viganò ändert sich das nun endlich.

  
                                                                     Arnold Schölzel - 12.5.2020


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           Kirche und Missbrauch
        Wie Bischöfe & Laien Entschädigung
        für Missbrauchsopfer hintertreiben

             von Norbert Lüdecke / FR 12.12.2019
   Die katholische Kirche geht bei der Entschädigung von Missbrauchsopfern alles andere als seriös vor. Der 2010 von der Bundesregierung einberufene Runde Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“ hatte in seinem Abschlussbericht die Einrichtung eines Hilfesystems gefordert. 2011 führten die Deutsche Bischofskonferenz daraufhin beim Büro für Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich die „Zentrale Koordinierungsstelle“ (ZKS) mit dem Verfahren für Leistungen in Anerkennung des Betroffenen zugefügten Leids ein. Die ZKS spricht seither auf Antrag und nach einer Plausibilitätsprüfung Empfehlungen an die Diözesen und Ordensgemein-schaften aus für materielle Leistungen zwischen 1000 Euro und 15.000 Euro.
    Das Verfahren hat Kritik auf sich gezogen. Schon die kirchliche Sprechweise vom „Glauben Schenken“ zeigt Reste von Gönnerhaftigkeit. Betroffene wissen zudem nicht, wer die Anträge sieht, wer über sie berät und die Empfehlungen beschließt, denn die ZKS-Mitglieder werden geheim gehalten – auf Nachfrage geben selbst Bischöfe und Missbrauchsbeauftragte an, sie nicht zu kennen. Es heißt, dies geschehe „u. a.“ zum Schutz der Mitglieder und sei zum Teil auch von diesen selbst so gewünscht.
    Was sie zu befürchten hätten und welche anderen Gründe es für Geheim-haltung noch geben könnte, ist nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt: Die Höhe der Leistungen wird von vielen als unangemessen empfunden, und die Praxis ihrer Gewährung durch Diözesen und Ordensgemeinschaften ist sehr unter-schiedlich. Ein gemeinsames verbindliches Vorgehen gibt es nicht. Trans-parenz und Unabhängigkeit sehen anders aus.

    Experten-Empfehlung: Wechsel zu Schmerzensgeld
Mitte 2019 beauftragte die Deutsche Bischofskonferenz eine Arbeitsgruppe, Grundsätze für eine Überarbeitung des Verfahrens vorzulegen. Von Betroffe-nenseite gehörte ihr Matthias Katsch als Sprecher und Geschäftsführer der Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“ an. Als Ergebnis wurden von Bischof Stephan Ackermann (Trier) auf der Vollversammlung der Bischofskonferenz Ende September 2019 „Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Verfahrens zur Anerkennung des Leids“ vorgestellt. Eine Empfehlung war, Schmerzens-geld oder eine Entschädigung zu zahlen als „Ausdruck einer Haltung kirchli-cher Verantwortungsträger…, die individuelles oder institutionelles Versagen beim Umgang mit Tätern und Opfern anerkennt und Verantwortung für die Folgen von Schuld und Versagen übernimmt“.
    Über eine Grundentschädigung in Höhe von 10.000 Euro hinaus sollten künftig entweder pauschal 300.000 Euro oder gestuft z. B. zwischen 40.000 Euro und 400.000 Euro gezahlt werden. Ein entsprechender Fonds könne grundsätzlich aus Kirchensteuermitteln, solle aber vorrangig aus anderen kirchlichen Quellen finanziert werden, etwa aus Mitteln der Bischöflichen Stühle. Dabei sollte „außer Streit stehen, dass der Einwand, es fehle an Geld, nicht überzeugen kann und die Glaubwürdigkeit aller Versuche, Verantwor-tung für die Folgen von Schuld und Versagen zu übernehmen, von vornherein in Frage stellt.“

     Ein veritabler episkopaler Coup

Soweit die Vorgeschichte. Und nun folgt ein zum Teil auf Videos nachvollziehbares Szenario, das den Eindruck eines veritablen episkopalen Coups erwecken kann: Es beginnt mit kurzen Stellungnahmen vor der Presse am 25. September: Bischof Ackermann äußert sich wortreich, allerdings vor allem zur Vorgeschichte. Den von Katsch zuvor betonten Wechsel von der Leid-anerkennung zur Verantwortungsübernahme durch Entschädigungen würdigt der Bischof als wichtige „begriffliche Unterscheidung“, um dann im Folgenden die Ausdrücke „Entschädigung“ oder „Schmerzensgeld“ bis auf eine Ausnahme nicht über die Lippen zu bekommen.
    Trotz Warnungen der Arbeitsgruppe  und vor aller weiteren Befassung mit
den Empfehlungen verkneift sich Ackermann den Hinweis nicht, alles müsse
von Bistümern und Orden auch leistbar sein. Auf die lange Bank geschoben werde jedoch nichts, die weiteren Fragen seien zügig zu klären …

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Norbert Lüdecke, *1959, ist Universitätsprofessor für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn und Honorarprofessor für Kirchen- und Staatskirchenrecht an der Goethe-Universität Frankfurt.


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       Staats- & Steuergeld für Amtskirchen
Das geschätzte Vermögen der Amtskirchen nur in Deutschland beläuft sich auf 435 Milliarden Euro - davon 150 Milliarden in Aktien, 220 Milliarden in Immobilien (ohne alle Kirchenbauten), weitere 65 Milliarden in Stiftungen & sonstigen Vermögenstiteln. Außerdem bekommen Christenkirchen jähr-lich 500 Millionen Euro als Staatsleistungen (ohne das Aufkommen aus Kirchensteuern), die ein Relikt aus napoleonischen Zeiten sind, zur Haupt-sache als „Entschädigungen“ für entgangene Besitztümer während der Säkularisation.
  All das Geld könnte den Ärmsten der Armen, Obdachlosen, Vertriebenen und Geflüchteten, Hungernden, Obdachlosen, Tieren in Not, Kindern in sozialen Brennpunkten, kurzum: den leidenden, existentiell bedrohten Opfern von Kapitalismus, Gewaltherrschaft, Unmenschlichkeit im World-wide Macht- & Wirkungsbereich klerikaler Macht zu Hilfe kommen.


15. April 2020:
Es ist mir unbegreiflich, dass wir (der Staat) heute noch für den Reichsdeputa-tionshauptschluss aus dem Jahr 1803 Entschädigungen an beide großen Kirchen bezahlen. Für mich ist die seinerzeit beschlossene Aufhebung der geistlichen Territorien eine primär politische und weniger eine juristische Angelegenheit. Im Übrigen war sie ja durchaus sinnvoll. Der Flickenteppich des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde zum größten Teil bereinigt und beseitigt. Es war richtig, dass 1803 die territoriale Herrschaft der Kirchen endete. Wir kennen Jesu Wort: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Die Kirchen sollten umgehend auf alle weiteren Entschädigungszahlungen verzichten.

                                                                                              Werner Seeliger, Stuttgart
Entschädigung abschaffen!
Seit 1919 besteht der Verfassungsauftrag (WRV 1919, GG 1949), die Staatslei-stungen an die Kirchen abzulösen. Es ist ein deutliches Politikversagen, weil seit 101 Jahren (1919 bis 2020) nichts geschehen ist. Eine letzte Einmalzahlung hatte 1919 vielleicht einen Sinn gemacht, wenn überhaupt. Die Kirchen haben diese Einmalzahlung aber jetzt 101 Jahre lang erhalten: Das muss genügen!
                                                                                  Axel Stark, Diplom-Theologe, Passau

Frömmlerfeiges Fundraising?
Die anhaltende Praxis des Klerikal-"Fundraising“ ist nichts als gedankenlose Bequemlichkeit: Die frommen Männer verlassen sich satt auf ihre Konkordate - insbesondere auf das mit den Nazis vom 20.7.1933. Dessen Artikel 18 besagt, dass „Staatsleistungen nur im freundschaftlichen Einvernehmen“ abgeschafft werden können. Dieses Resultat der Kumpanei mit dem Verbrecherstaat soll also weiter bestehen bleiben? Allgemein gesehen, verdient der Kirchenkomplex des sozialen Engagements, des Kümmerns, der Hilfe und Fürsorge im Pflegebereich natürlich  Förderung. Unter diesem Aspekt kann man sich für kirchlich organisierte Hilfe-stellungen auch eine freiwillige, staatlich kontrollierte Förderung vorstellen. Aber der aus generationenlang zurückliegenden Enteignungsprozessen abgeleitete juristische Anspruch einer Alimentierung ist längst abgegolten und verfallen.
                                                                            Dr. Dietrich W. Schmidt, Stuttgart


 

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                    Tradition der Diskriminierung
    zur BMWF-Initiative, Vereinigungen mit exklusivem Mitgliedsrecht nur für Männer den
    steuerbegünstigenden Status der Gemeinnützigkeit zu entziehen:

  Wenn man davon davon absieht, dass es wichtigere Entscheidungen gäbe, ist der Vorschlag von Bundesminister Olaf Scholz gar nicht übel. Warum soll auch ein elitärer Golf- oder Tennisclub, der nur Promis und Millionäre aufnimmt, gemeinnützig sein?
  Nennt man aber als Hauptgrund für die Aberkennung das Kriterium „nur Männer“ oder „nur Frauen“, dann muss nach dem Inkrafttreten eines solchen Gesetzes als erster „Klub“ die Katholische Kirche ihre Gemeinnützigkeit aber-kannt bekommen, da sie seit bald 2000 Jahren den Frauen keinen Zutritt zum Beruf der Priester ermöglicht. Und das mit weit schlimmeren Folgen für die Betroffenen als eine Mitgliedschaft in sonstigen Herrenclubs. Ein Heer von Priesterkindern kann das bezeugen.

                                                                                  Renate Seitz, München / 20.11.2019


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Für Benedikt XVI ist die 1968er-Revolte
Ursprung der Missbrauchsfälle

DER STANDARD / 11. April 2019
Emeritierter Papst spricht von
"Zusammenbruch der Moraltheologie"

   Vatikanstadt/München – Für den emeritierten Papst Benedikt XVI., recte Josef Ratzinger, sind die Umwälzungen des Jahres 1968 eine Ursache für den sexuellen Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche. "Zu der Physiognomie der 68er-Revolution gehörte, dass nun auch Pädophilie als erlaubt und als angemessen diagno-stiziert wurde", schrieb Benedikt in einem Aufsatz, den unter anderen das katholi-sche Nachrichtennetzwerk CNA am Donnerstag veröffentlichte. Außerdem seien Priesterseminare voller "homosexueller Cliquen". Unabhängig davon habe sich zeit-gleich "ein Zusammenbruch der katholischen Moraltheologie ereignet, der die Kirche wehrlos gegenüber den Vorgängen in der Gesellschaft machte".
     "Abwesenheit Gottes": Grund für die Krise der katholischen Kirche sei auch eine "Gottlosigkeit". "Wieso konnte Pädophilie ein solches Ausmaß erreichen? Im letzten liegt der Grund in der Abwesenheit Gottes", schreibt der deutsche Expapst, der in diesem April 92 Jahre alt wird. "Auch wir Christen und Priester reden lieber nicht von Gott, weil diese Rede nicht praktisch zu sein scheint." Eine Gesellschaft mit einem abwesenden Gott sei eine Gesellschaft, in der "das Maß des Menschlichen" immer mehr verlorengehe.
     Nach Rücksprache mit seinem Nachfolger Franziskus habe er diesen Text für
das bayerische "Klerusblatt" geschrieben. Darin heißt es: In den Jahren von 1960
bis 1980 seien "die bisher geltenden Maßstäbe in Fragen Sexualität vollkommen weggebrochen" und eine "Normlosigkeit entstanden, die man inzwischen abzufangen sich gemüht hat". Benedikt war von 2005 bis zu seinem spektakulären Rücktritt 2013 Papst. Seine Amtszeit wurde unter anderem von mehreren Missbrauchs-skandalen erschüttert. Wegen der tiefen Krise hatte Papst Franziskus im Februar 2019 zu einem Anti-Missbrauchs-Gipfel im Vatikan eingeladen.
     Franziskus weist immer wieder darauf hin, dass der Grund für Missbrauch auch die Machtstrukturen der Kirche sind. (APA, 11.4.2019)

     STANDARD-Leserpostings:
* „So kann man sich die Tatsachen auch verdrehen... Zölibat, unterdrückte Sexualität,
    kirchliche Strukturen und “Moral“ können damit natürlich keinesfalls was zu tun haben.

    Nein, es war der Teufel von außen in Gestalt der 68er, gegen den sich die Kirche nicht
    wehren konnte
. Fall geschlossen. Amen.“

* „So ein Scheiß. Die sexuelle Revolution in den 68er Jahren hat sexuelle Missstände und
     zynische
Doppelmoral erst aufgedeckt und Tabus gebrochen. Davor waren eheliche
    
Vergewaltigung, sexuelle Belästigung und Missbrauch fast schon ein Normalzustand.
    Ohne diese
Revolution würden wir bis heute in dieser puritanischen Schweigegesellschaft
    leben
, und die Skandale vollzögen sich verborgen in einem noch viel größeren Ausmaß.

* .“Der bayrische Wichtigtuer hat mal wieder seine geistigen Ergüsse von sich
     gegeben und eindrucksvoll bewiesen welch Geistes Kind er ist. Gottlos ist eher
     die Institution Katholen-irche höchstselbst. Ich könnte mir denken, so es denn
     einen Gott gibt, er hat sich schon lange von der Institution, die so herausragende
     Vorbilder wie die Inquisition hervorgebracht hat, verabschiedet.
"So es denn einen Gott gibt:
Gäbe es einen, dann hätte er dieses ‚benediktinische‘
     Bodenpersonal schon längst vernichten müssen - falls er Charakter hätte.
     Folgerung?



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          Kirchen bekommen Staatsgeld wie nie.
    Die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland haben 2015 mehr als eine halbe Milliarde Euro an Staatsleistungen erhalten, so viel wie noch nie. Einer Auflistung der „Humanistischen Union“ (HU) zufolge addieren sich die Zahlungen der Bundesländer mit Ausnahme der Stadtstaaten Bremen und Hamburg an die Kirchen auf gut 510 Millionen Euro. Die evangelische Kirche erhielt davon fast 298 Millionen, die katholische gut 212 Millionen. Baden-Württemberg zahlte mit insgesamt 114 Millionen Euro die größte Summe, gefolgt von Bayern (93 Millionen) und Rheinland-Pfalz (55 Millionen).
    Die Leistungen sind
Ersatzzahlungen des Staates für Vermögensverluste der Kirchen, vor allem zur Zeit der Reformation (also um 1517 ff.) und der Reichsdeputation 1803, als viele Klöster und kirchliche Ländereien verstaatlicht wurden. Seit 1919 gebietet Artikel 138 der Weimarer Reichsverfassung die Ablösung der Staatsleistungen. Das aber war bis auf Ausnahmen nicht geschehen, auch, weil die Länder hohe Einmalzahlungen an die Kirchen fürchten. Die HU fordert, die Staatsleistungen zu streichen.
     „Seit 1919 ist genug gezahlt“, sagt Johann-Albrecht Haupt, der für die HU die Zahlen recherchiert hat. Die meisten Staatskirchenrechts-Experten bezweifeln jedoch, dass dies so einfach möglich ist. Für die Länder wie die Kirchen geht es um vergleichsweise geringe Summen: Die Staatsleistungen entsprechen etwa fünf Prozent der Kirchensteuereinnahmen. Und im Schnitt zahlt ein Bundesland pro Bürger und Jahr 6,28 Euro an Staatsleistungen –
in Nordrhein-Westfalen 1,27, in Bayern 7,35, in Sachsen-Anhalt dagegen 14,53 Euro pro Bürger.                                                                                                  Quelle: SZ / 2.2.2016

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               Gott braucht Mörder.
   „Kein Gott braucht Mörder“, schreibt Kurt Kister (Erster Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung). Kennt er den Gott der Juden, Christen und Muslime, den Gott Abrahams besser, als Moses ihn kannte? Als dieser vom Berg Sinai herabstieg, wo er dieses Gottes Befehle entgegengenommen hatte, „trat er in das Tor des Lagers und rief: ‚Her zu mir, wer dem Herrn angehört!‘. Da sammelten sich zu ihm alle Söhne Levi. Und er sprach zu ihnen: ‚So spricht der Herr, der Gott Israels: Ein jeder gürte sein Schwert um die Lenden und gehe durch das Lager und erschlage seinen Bruder, Freund und Nächsten.‘ Die Söhne Levi taten, wie ihnen Moses gesagt hatte, und es fielen an dem Tag vom Volk dreitausend Mann.“ (2. Mose 32, 26-28). Brüder, Freunde und Nachbarn ermorden auf Gottes Wunsch ihre Brüder, Freunde und Nachbarn, mit denen sie aus Ägypten bis hierher gezogen waren. Gott braucht Mörder.
     „Zerstört alle heiligen Stätten, wo die Heiden, die ihr vertreiben werdet, ihren Göttern gedient haben, es sei auf hohen Bergen, auf Hügeln oder unter grünen Bäumen, und reißt um ihre Altäre, und zerstört ihre Steinmale, und verbbrennt mit Feuer ihre heiligen Pfähle, zerschlagt die Bilder ihrer Götzen, und vertilgt ihre Namen von jener Stätte.“
(5. Mose 122, 2-3) Nichts anderes tun die Islamisten.
     Jahrhundertelang haben sich auch die Christen daran gehalten, wohin immer sie kamen. Von den Menschen und der Kultur, die sie vorfanden, ließen sie wenig übrig. Auch heute beten sie zwar noch täglich: „Dein Reich komme! Dein Wille geschehe!“ Aber wenn es ernst wird damit, überkommt sie doch ein gesundes Entsetzen. Und sie hoffen, dass nicht dieser Gott siegt, sondern die Freiheit. Oder sie basteln sich eine kommode Religion, einen anderen, gutartigen, lieben Gott der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, der sich zum Grundgesetz bekennt, unserer Bibel, unserem Goldenen Kalb. Dessen Wille darf dann auch geschehen.

                                                                  Hermann Funke, Hamburg (30.3.2016)


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              Schamlose Kirchen

     Zu „Kirchen erhalten so viel Geld vom Staat wie nie“ (dpa 2.2.2016):
   Man muss der SZ dafür dankbar sein, dass sie die sonst der Öffentlichkeit
meist vorenthaltenen Zahlen einem breiteren Publikum bekannt macht.
   Aber warum steht diese Meldung nicht als Skandal auf der ersten Seite? Verdeutlicht sie doch, wie schamlos sich die Kirchen beim Staat bedienen
(und von diesem auch widerstandslos bedient werden).
    500 Millionen Euro – also etwa ein Tausendstel des gesamten jährlichen Steueraufkommens– nur für Schadenersatz-forderungen aus seit Jahrhunderten verjährten Enteignungen (die übrigens völlig zu Recht durchgeführt wurden).  
   Alle sonstigen Vergünstigungen – staatliche Subventionen, Steuerelasse etc.
– die sich insgesamt zu Milliarden aufaddieren, sind darin noch nicht einmal enthalten. Im Vergleich zu diesem Skandal verkümmert so mancher Bericht
über staatsschädigende sog. „Steuersünder“ geradezu zur Lächerlichkeit.
                                                                         
Prof. Dr. Roland Bender, Hamburg

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  „Die AfD ist Speerspitze des christlichen Fundamentalismus“ 
          Interview mit Michael Schmidt-Salomon zu neuen Strategien
              christlicher Rechtspopulisten

Gemessen am Bevölkerungsdurchschnitt sind konfessionsfreie Menschen auf PEGIDA-Demos seltener anzutreffen als Christen, wie hpd-Redakteurin Daniela Wakonigg unlängst darlegte. Dennoch ist es befremdlich, wie viele religions-ungebundene Menschen auf die Parolen christlicher Rechtspopulisten herein-fallen.
    Der hpd sprach hierzu mit dem Philosophen Michael Schmidt-Salomon, der die Strategien des rechten christlichen Spektrums als Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung aufmerksam verfolgt. Im Interview erläutert Schmidt-Salomon u.a., welche Parallelen zwischen der AfD und der Tea Party-Bewegung bestehen, wie die internationale Zusammenarbeit christlicher Rechtspopulisten funktioniert und warum es nahezu egal ist, ob deren politische Gallionsfiguren Donald Trump, Viktor Orbán, Jarosław Kaczyński, Marine Le Pen oder Frauke Petry heißen.

    Das vollständige Interview auf hpd.de:
http://hpd.de/artikel/afd-speerspitze-des-christlichen-fundamentalismus-12723
 

 
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         „Was soll das für ein Gott sein, der erst eine Welt erschaftt,
    die dann so schlecht ist, dass sie durch den Tod des eigenen Sohnes
         wieder erlöst werden muss?“

                                                                          Heiner Geißler  (1930-2017)
            CDU-Politiker, Jusuitenschüler - in seinem letzten Interview / September 2017
 


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                Opium des Volkes
     „Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die 
  Religion
, die Religion macht nicht den Menschen. Der Mensch ist kein
   abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch: Das ist die
   Welt des Menschen
, Staat, Societät.

   Dieser Staat, diese Societät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbe-wusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr encyklopädisches Compendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur, ihr Enthusiasmus, ihre morali-sche Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Recht-fertigungsgrund.
   Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens,
weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.

   Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist.
   Sie ist das Opium des Volks.

   Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes
ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzu-geben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammerthales, dessen Heiligenschein die Religion ist.“

                                   Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie / 1844

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             Der Hauptpastor Röder
 
»Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat«, schrieb Paulus im
   Römerbrief. Für die evangelische Kirche hierzulande war dieser Satz schon immer bindender als, sagen wir mal, die zehn Gebote. In Nibelungentreue stand die Geistlichkeit, von wenigen Ausnahmen abgesehen, an der Seite des Nazi-Regimes, allen Verbrechen dieser Bande zum Trotz. Natürlich leben wir heute in anderen Zeiten, aber eines hat sich nicht geändert: Die Mächtigen können sich auf die Protestanten verlassen.
   
Unvergessen, wie sich evangelische Pastoren an die Spitze derer setzten, die
deutsche Beteiligung beim Überfall der NATO auf Serbien 1999 als moralische Verpflichtung darstellten. Es versteht sich von selbst, dass man auch bei Veran-staltungen wie dem G-20-Gipfel Anfang Juli 2017 in Hamburg an der Seite der Truppe stand. Ein ganzes Dutzend evangelischer Polizeiseelsorger hielt sich bereit, um Einsatzkräften, die nach ihren Prügelorgien am Hafenrand und anderswo das Gewissen plagte, die Beichte abzunehmen.

    An Hamburgs Hauptkirche St. Michaelis, als Michel bekannt, setzte man in
der Folge noch eins drauf. Hauptpastor Alexander Röder lud am sogenannten Tag der Deutschen Einheit Polizisten, die beim Gipfel eingesetzt waren, zum Orgel-konzert ein. »Dank und Anerkennung« solle das ausdrücken, sülzte Röder laut Hamburger Abendblatt vom Freitag 29. September.

    Im Jahr 2004 erklärte die »Konferenz Evangelischer Polizeipfarrerinnen und Polizeipfarrer«, dass ein »friedliches gesellschaftliches Zusammenleben aufgrund der Sündhaftigkeit des Menschen ohne eine autorisierte Ordnungsmacht nicht möglich« sei. Diese Aufgabe komme »der an Recht und Gesetz gebundenen und politisch kontrollierten Polizei« zu.
Nun, bei G
20 war die Polizei weder das eine noch das andere.
                                                                                                                             Kristian Stemmler

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    „In 30 Ländern arbeiten Exorzisten mit dem offiziellen Segen
     der Kirche.  Höchstens die Abrechnung über die Kassen wäre
     noch zu verhandeln.“

           Der Psychologe Martin Tschechne im Deutschlandfunk zu der Frage
          Ist das Böse auf dem Vormarsch?      
                                        10. März 2018


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           Kirchlicher Zynismus
      Pflegekräfte in katholischer Klinik streiken
  Der Streik an der Marienhausklinik Ottweiler wird keine Massenveranstaltung. Dennoch machen Pflegekräfte des kleinen Krankenhauses in der saarländischen Provinz Geschichte: Erstmals legen Beschäftigte einer katholischen Einrichtung
die Arbeit nieder, um für Entlastung und mehr Personal zu demonstrieren.
    So etwas hat es noch nicht gegeben. Denn bislang sind Einrichtungen in kirch- licher Trägerschaft hierzulande ein weitgehend rechtsfreier Raum. Gesetze wie
das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, Tarifvertragsgesetz oder  Betriebsver-
fassungsgesetz gelten hier angeblich nicht. Selbst ein Grundrecht wie das von abhängig Beschäftigten, ihre Arbeit kollektiv zu verweigern, wird von den christ-lichen Kirchen nicht anerkannt. Umso größer ist der Respekt vor denjenigen, die sich davon nicht ins Bockshorn jagen lassen.
   
Den Ottweiler Pflegekräften geht es nicht so sehr um Juristisches. Sie wollen
vor allem,
dass sich ihre unhaltbaren Arbeitsbedingungen endlich verbessern. Dafür haben sie schon viel getan. Mit Appellen an die Klinikleitung, Briefen an
den Bischof, Petitionen und Demonstrationen haben sie darauf hingewiesen, dass die Zustände unerträglich sind – für sie selbst
und auch für ihre Patientinnen und Patienten. All das hat nichts bewirkt. Deshalb streiken sie jetzt.
    Personalmangel ist kein Alleinstellungsmerkmal kirchlicher Krankenhäuser. Aber sie sind eben auch nicht besser als Einrichtungen anderer Träger. Auch hier müssen Beschäftigte ständig außerhalb des Dienstplans einspringen, sind Pflege-kräfte nachts allein auf der Station, bleibt keine Zeit für ausreichende Hände-desinfektion oder die Anleitung von Auszubildenden. Die Gewerkschaft Verdi
hat sich
vorgenommen, dies zu ändern. Das geht nur, wenn sich auch die Beleg-schaften konfessioneller Einrichtungen bewegen. Denn fast jedes dritte Kranken-haus in Deutschland wird von der katholischen oder evangelischen Kirche betrieben. Wie alle anderen sind sie längst keine rein karitativen Kliniken mehr, sondern Wirtschaftsunternehmen. Sie streben danach, Umsätze zu steigern und Kosten zu reduzieren – durch Ausgliederungen, Lohn-kürzungen, Stellenabbau. Darum ist das kirchliche Sonderrecht ein Wettbewerbs-vorteil: Wer sich nicht an Tarifverträge halten und keine Betriebsräte dulden muss, ist potentiell billiger.
    Die Widersprüche sind allzu offensichtlich. In Sonntagspredigten und Presse-mitteilungen setzen sich Kirchen, Diakonie und Caritas zwar für die Kranken und sozial Schwachen ein. Doch in ihren Einrichtungen regiert knallharte Betriebs-wirtschaft. Wo bleiben die »Nächstenliebe und der ganzheitliche Dienst am Menschen«, wenn Pflegebedürftige nicht zur Toilette begleitet, Sterbende allein gelassen werden? Wer über die Verbesserung dieser Zustände nicht verhandeln will, ist zynisch.                          
                                                     
                                                                                Daniel Behruzi / 11.10.2017


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        Jesus oder Christus -
                     da heißt es, sich entscheiden.

   Das hat nichts mit eigenem Gläubischsein zu tun: Die Religionen  sind das sumpfige Terrain, auf dem die Menschheit bewegt und manipuliert wird, der Quark, der mit den breiten Mauken der Macht immer noch breiter getreten wird. Und so bieten die Bibel, der Koran und der Talmud eben Quellen, die teils klar, teils trübe sind. Da heißt es filtrieren,
und das ist keine einfache oder voraussetzungslose Angelegenheit. … Einer von Benoîts monotheistischen Hauptschurken ist ein gewisser Kardinal Catzinger, der die Strippen
zieht, während ein greiser Pole die enge weite Welt mit Reisen und dem Abküssen von Flughafenrollbahnen beglückt. Dieser Catzinger scheut vor Erpressung und Mord nicht zurück, um katholische Disziplin durchzusetzen. Auch Mossad und Fatah haben ihre blutigen Hände im Spiel. … Die Vertreter der monotheistischen Religionen halten zwecks Macht-erhalt in der Kardinalslüge fest zusammen, weil sie ihnen auf unterschied- liche Weise nützlich ist: In Jesus ist Gott nicht Mensch geworden. Jesus ist nicht auferstanden
und nicht göttlich. Er wurde von Essenern (die man nicht wie Bochumer oder Dortmun-der, sondern Esséner spricht) in der Wüste begraben. … Jesus war ein Mensch. Christus ist ein erfundener Gott. Und Petrus war der erste Chef der Götzenanbeter…. Benoît breitet keine Theorien aus: Was wäre, wenn die drei monotheistischen Religionen endlich bekennen wollten, was jeder halbwegs Verständige ja längst weiß: dass sie aus ein und demselben Mustopf kommen und sich vom gleichen Manna nähren? Wer hätte dann die Macht – und ihr wichtigstes Insignium: das Geld? Eben.


    Wiglaf Droste in seiner Rezension zu Michel Benoît: Das Geheimnis des 13. Apostels


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   Unterflossinger Erscheinungen
        Im Landkreis Mühldorf/Inn (Obb.) warten Hunderte Pilger
           auf Zeichen der Heiligen Maria resp. sog. Muttergottes

    Salvatore Caputa ist nicht besonders groß. Schon aus der zehnten Reihe der Pilgermenge sind seine weißen Haare nur noch schwer auszumachen, so eng drängen sich die gut 800Menschen um den selbsternannten Seher aus Sizilien.
In wenigen Minuten soll sie erscheinen: die Heilige Maria. Zum zweiten Mal in diesem Jahr in
 Unterflossing im Landkreis Mühldorf am Inn.
    Die Erscheinung soll wieder direkt neben der privaten St.-Laurentius-Kapelle von Otto Masszi passieren, wie bereits im März dieses Jahres. Damals waren 300
Menschen gekommen, sie erfuhren direkt den Termin der nächsten Erscheinung am 9.  September 2017, wieder einem Samstag, wieder um 16.30 Uhr.
    Ein genauer Termin. Gut für Masszi, um alles für einen größeren Ansturm zu organisieren: Mobile WCs, Müllbeutel, einen Sanka und Lautsprecher, um die Messen aus der Kapelle nach draußen zu übertragen. Außerdem hilft die Feuer-wehr, die Busse und Autos der Pilger aus Deutschland, Österreich und Italien zu den Parkplätzen zu lotsen. Die meisten Gläubigen sind schon den ganzen Tag hier, mit Klappstühlen und leeren Flaschen für das Gnadenwasser aus dem neugegra-benen Brunnen bei der Kapelle.
   Auch Lorenz Kronberger, Bürgermeister von Polling, zu dem Unterflossing

gehört, ist da, wenn auch skeptisch. Er glaubt noch nicht, dass dieses Unterflos-sing
 bald das neue Altötting wird. Die Erzdiözese München hat einen Beobachter geschickt. Denn Caputa behauptet schon seit 1986, immer wieder mit der Gottes- mutter zu sprechen. Keine der angeblichen Erscheinungen oder Visionen wurde aber jemals kirchlich anerkannt.
   Pünktlich um halb fünf wird es ganz still in der Unterflossinger Pilger-menge. Caputa streckt seine Hand mit dem Rosenkranz in die Höhe. Viele machen es ihm nach. Noch mehr halten das Smartphone hoch und filmen. Dann sinkt Caputa auf die Knie und senkt den Kopf. Wenig später steht er auf und geht wortlos in die Kapelle. Er werde in 20 bis 30 Minuten die Botschaft verkünden, heißt es. Die Pilger diskutieren derweil, was sie selbst gehört, gesehen, gefühlt oder gerochen haben. Rosenduft, sagt eine Frau. Innere Schwingungen, eine andere. Er habe hinten überhaupt nichts gehört, beschwert sich ein älterer Mann.
   Mit einem vollen A-4-Blatt kommt Caputa zurück: „Maria will, dass ihr betet“, sagt er. „Sie ist in großer Sorge.“ Es wird kurz düster, doch folgt bald die Beruhi-gung: „Maria liebt Österreich und Deutschland.“ Und Unterflossing
 wohl am meisten.
                                                       Vinzent-Vitus Leitgeb / SZ Bayern - 11.9.2017




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         Obama auf dem Kirchentag
                     aus einem Text der NachDenkSeiten am 25. April 2017

… Wie Sie halte ich die Einladung der EKD an Barak Obama für skandalös. Es
ärgert mich, dass Amtsträger der Kirche wie Herr Bedford-Strohm durch ihr Reden und Tun immer wieder Beleg dafür sind, dass ihre Kirche als Institution Staatskirche ist, die der Stabilisierung bestehender politischer Verhältnisse dient und sich den politisch Mächtigen andient.
    Im vorliegenden Fall kommt erschwerend hinzu, dass hier wenige Tage nach bedeu-tenden Landtagswahlen und unmittelbar vor Beginn der heißen Phase des Bundestags- wahlkampfes der Kirchentag der Bundeskanzlerin ein bedeutendes und weit beachtetes Forum bietet. Das angekündigte Thema des „Spannungsverhältnisses zwischen aus christlichem Glauben geborenen Idealen einerseits und den Notwendigkeiten von Real- politik andererseits“, lässt zudem ein Reinwaschen für die „Realpolitik“ der Bundeskanz- lerin erahnen – wie wir es ja bereits im Zusammenhang mit dem Türkei-Deal durch die Parteinahme für Frau Merkel durch Herrn Bedford-Strohm erleben mussten. Und ein solches ‚Sich gemein machen‘ mit den Mächtigen durch einen Kirchenmann ist für
mich in der Tat ein Skandal.
    Es ist mir aber auch wichtig zu betonen, dass die evangelische – wie auch natürlich
die katholische – Kirche in ihren Gemeinden und Institutionen Herausragendes im diakonischen und seelsorgerlichen Bereich leisten und wichtige Beiträge liefern, was
das Wirken des Menschen individuell und in Gemeinschaft in und für die Welt (Polis) ausmacht.
   Ohne dieses Engagement von Menschen in den Kirchen wäre unsere Gesellschaft
um einiges ärmer und kälter. Und deswegen werde ich der Aufforderung, aus der Kirche auszutreten nicht Folge leisten. Stattdessen werde ich mich verstärkt damit beschäftigen, was ich persönlich tun kann, um den Bedford-Strohms in der Kirche nicht das Feld zu überlassen.                                           Es grüßt Sie herzlich:
Thomas Konradt



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            Kirchengeld in Ewigkeit?
         Bundestag lehnt Überprüfung von Staatsleistungen ab

   Vor mehr als 200 Jahren wurden die Kirchen enteignet, bis heute erhalten sie dafür sogenannte Kompensationen.
 Der Tagesordnungspunkt 18 gehörte zum Nachtprogramm der Plenarsitzung des Bundestages. Ein Antrag der Linksfraktion wurde am 9.3.2017gegen 22 Uhr aufge- rufen – und erwartungsgemäß abgelehnt. Den Abgeordneten ging es um Staats- gelder, die die beiden deutschen Großkirchen erhalten. Formal handelt es sich um Entschädigungsleistungen für Besitztümer, die ihnen im Jahre 1803, also vor mehr als 200 Jahren, von den deutschen Fürsten entzogen wurden. Schon damals war festgelegt worden, dass der Klerus dafür durch langfristige Zahlungen abgefunden wird. Allein für 2017 wird sich das, was Kirchen auf dieser uralten rechtlichen Grundlage erhalten, nach Rechnung des Politologen Carsten Frerk auf 524 Millionen Euro summieren.
    Die Linke wollte, dass die Bundesregierung eine Expertenkommission installiert, besetzt mit Juristen, Vertretern der Kirchen und der Bundesländer, die evaluieren sollen, wann und gegen welche Ablösesumme diese Zahlungen eingestellt werden könnten. Das Ku­riose: Mit der Ablehnung dieses Antrags wurde, allen gegenteiligen Beteuerungen von SPD- und Grünen-Politikern zum Trotz, erneut ein erster Schritt zur Erfüllung des inzwischen fast 100jährigen konstitutionell bestimmten Auftrags vertagt. Denn in der Verfassung der Weimarer Republik wurde 1919 in Artikel 138 festgelegt, dass die Staatsleistungen für die Kirchen auf Länderebene »abgelöst« werden, also gegen eine Endzahlung eingestellt werden sollen. Die Zentralregie-rung solle Grundsätze dafür aufstellen. Diese Aufgabe wurde ins Grundgesetz der Bundes-republik (Artikel 140) übernommen – und bis heute nicht »abgearbeitet«. Wie der Humanistische Verband am Freitag mitteilte, haben die Kirchen seit Gründung der BRD 1949 umgerechnet mehr als 17 Milliarden Euro dieser Leistungen erhalten.
    Es handelt sich dabei um Mittel, für die - anders, als etwa bei der Finanzierung der Kliniken, Kindergärten und Altenheime - keine Leistung erwartet werden kann. Diese Direktzahlungen sind nur eines von vielen Privile­gien der christlichen Kirchen. Doch die Bundespolitik will nicht mal an diesen Uralt­posten ran. Und dies, obwohl sich außer CDU und CSU, so die Linke-Abgeordnete Christine Buchholz am Samstag im Gespräch mit jW, alle zur Notwendigkeit bekennen, den Ablöseauftrag der Ver- fassung umzusetzen. Gleichwohl vollbrachte etwa der Grünen-Politiker Volker Beck am Donnerstag das Kunststück zu verkünden, seine Partei fordere von der Bundes-regierung, »unverzüglich« eine Expertenkommission einzusetzen – und die von der Linkspartei vorgeschlagene zugleich abzulehnen.
    Die CDU-Abgeordnete Margaret Horb erklärte, ein solches Gremium sei viel zu teuer, außerdem müsse die Initiative zu einer bundeseinheitlichen Ablöseregelung von den Ländern kommen. Sie schlug vor, Die Linke könne ja erst einmal in Thürin- gen, wo sie seit Jahren den Regierungschef stelle, eine Kommission einrichten. Aus Erfurt aber höre man diesbezüglich nichts. Tatsächlich dürfte der Thüringer Linke-Ministerpräsident Bodo Ramelow wenig Interesse an einer solchen Initiative haben. Vielmehr empörte er sich im vergangenen Jahr über einen Antrag seiner sächsischen Genossen an den Bundesparteitag in Magdeburg, in dem eine konsequente Trennung von Staat und Kirchen verlangt wurde, die auch ein Ende der angesprochenen Zah- lungen beinhalten müsse. Gegenüber dem MDR behauptete Ramelow im Mai 2016, für die 1803 gewährten Entschädigungszahlungen habe es eine »Ewigkeitszusage« gegeben, und die sei auch im Grundgesetz verankert (siehe jW vom 7.5.2016). Was nicht stimmt.
    Christine Buchholz wiederum betonte, laut BRD-Verfassung habe der Bund die Ver pflichtung, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, auf dessen Basis die Länder dann Ablösungsvereinbarungen mit den Kirchen treffen könnten. Ihre Partei hatte 2012 bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der jedoch von der damaligen Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP abge-lehnt wurde. Im Parlament hob Buchholz am Donnerstag hervor, in Zeiten, in denen es immer mehr verschiedene Religionsgemeinschaften und eine wachsende Zahl Kon- fessionsloser gebe, verstoße eine Bevorzugung von zwei Organisationen gegen das Prinzip der Trennung von Staat & Kirche und gegen das Gleichbehand-lungsgebot.  
                                                                             Jana Frielinghaus
 

                      Irgendwann sollte es reichen!
   „Napoleons Erbe – Kirchen kassieren Millionen" (so die SZ am 9. März 2017).
Dem Haushaltsplan 2014 des Freistaats Bayern war zu entnehmen, dass die Katho-lische Kirche rund 66 Millionen und die evangelische Kirche 22 Millionen Euro als „Staatsleistungen“ erhalten. Wofür? Nahezu ausschließlich für die Bezahlung des Personals, also aller Erz-, Weih-, Landes-Bischöfe, Kirchenräte, Pfarrer, Prälaten,  Prediger, Kirchendiener, Mesner, Kanoniker, Seelsorge-Geistlichen, Dom- und Generalvikare … Da die meisten Kirchenoberen einen Beamtenstatus haben, muss auch deren Versorgung staatlicherseits sichergestellt werden. Seit dem Verfassungs-auftrag zur Ablösung der Staatsleistungen in der Weimarer Reichsverfassung 1919 sind beinahe 100 Jahre vergangen. Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland reicht inzwischen rd. 70 Jahre zurück. Wer sich über einen solchen Zeitraum hinweg von den Bürgern, auch den konfes-sionsfreien, so aushalten lässt, verhält sich unan-ständig. Er sollte sich schämen. Irgendwann reicht es.           
                                                                      
Ernst-Günter Krause, Unterschleißheim


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         Gesellschaftliche Realität 2017
    am Starnberger See-Ostufer – kaum 30 km von der Landeshauptstadt

                   Notiz im wöchentlichen Ereignis- & Kulturkalender
        der Süddeutschen Zeitung, Ressort Region, TÖL-WOR, am 8./9. April 2017:


   Münsing – Fahrzeugsegnung - Die Feuerwehr bekommt ein Fahrzeug.
        Segnung im Anschluss an den Gottesdienst. Maria Himmelfahrtskirche
         St. Heinrich. Samstag, 10’30 Uhr.



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Nicht „365 Tage Party“ – nein:
365 Tage Freiheit!

   Ein Leserbrief von Assunta Tammeleo, Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit,
  Landesverband München, und Beiratsmitglied der Giordano-Bruno-Stiftung, auf
  einen abfällig-denunziatorischen Kommentar des Referenten für Religion & Kirche
  im Ressort Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung zum Urteil des Bundesverfassungs-
  gerichts vom November 2016, mit dem das Feiertagsgesetz des Freistaats Bayern mit
  seinem Karfreitags-Feier-, Musik- & Tanzverbot für verfassungswidrig erklärt wurde:


  Sehr geehrter Herr Drobinski,
….. Die Aktion am Karfreitag 2007 hatte zum alleinigen Ziel, die massiven, christlich begründeten staatlichen Eingriffe ins Leben aller Bürger und Bürgerinnen im Bayern des 21.Jahrhunderts zu thematisieren und eine Änderung des Bayerischen Feiertagsgesetzes letztlich juristisch zu erzwingen. Es geht darum, auch an diesem Tag mit Musik &Tanz feiern zu dürfen, wenn es einen Anlass dazu gibt, und nicht „aus religiösen Gründen“ in seinen Bürgerrechten pauschal eingeschränkt zu werden. So gar nicht vorstellen kann ich mir, dass ausgerechnet Sie das nicht verstanden hätten. Eher kommt mir der Verdacht, dass Ihnen hier Ihre Weltanschauung einen Strich durch die Erkenntnismöglichkeiten gemacht hat.
    Niemand verwehrt Ihnen als Christ, dass Sie an diesem Tag, an dem Sie eines Herrn gedenken, der unser (und vieler anderer Menschen) Herr nicht ist, nur getragene Musik hören, kein Fleisch essen, selbstverständlich nicht tanzen und vielleicht sogar trauern möchten. Dies ist ihr gutes Recht, wir alle genießen Religionsfreiheit. Das Thema ist aber, dass Ihnen und einer Vielzahl von Christen das eben nicht genügt. Sie möchten mit Hilfe des Staates weiterhin darauf bestehen, dass alle anderen Bürger und Bürgerinnen Bayerns - egal welcher Weltanschauung - Ihnen dies an diesem Tag gleich tun müssen. Und das sogar in zu eigenen Lasten angemieteten Räumen, zu deren Betreten niemand (auch Sie nicht) genötigt oder gezwungen wird und deren Betreiber sich selbstverständlich bezüglich auf Jugendschutz, Emissionen etc. an die geltenden Gesetze halten. Die Ausübung Ihres eigenen Glaubens wird durch eine Party, Fest, Feier irgendwo in einem Raum/Gaststätte/Theater o.ä. in München in nichts Weise berührt, einge-schränkt oder gar behindert, denn Sie gehen ja wohl nicht hin.
    Und genau da haben wir es: Es geht mir als Vertreterin des Beschwerdeführers bfg München vor dem Bundesverfassungsgericht nicht um Party an sich, sondern um nicht weniger als die Freiheit - die Religionsfreiheit - aller Menschen hierzulande, gleich welcher Weltanschauung. Das ist das ganz hohe Gut, für das „Heidenspaß statt Höllen- qual“ im Jahre 2007 ein wohl-vorbereitetes Trittbrett war – hinein in die juristisch zu führende Auseinandersetzung durch alle rechtstaatlichen Instanzen gegen die christlich begründeten Zwänge, die das Bayerische Feiertagsgesetz uns allen hierzu fortdauernd auferlegt. Es geht nicht um „365 Tage Party“, sondern um 365 Tage Freiheit.
    Was aus meiner Sicht noch geradezu scheinheilig anmutet, ist, dass Sie mit Ihrem Kommentar ernsthaft behaupten möchten, der christliche Karfreitag mit seinen Fröh- lichkeitsverboten für alle Menschen hierzulande sei der letzte, selbstverständlich über- haupt nicht als Religionszwang zu interpretierende, in Gesetz gegossene, natürlich durch vollkommene Selbstlosigkeit gekenn-zeichnete Versuch, die oberflächliche und vergnügungssüchtige Menschheit des 21.Jahrhunderts zum eigenen Wohl zumindest mal in Bayern zur Besinnung, zum Inne-Halten und zur Auszeit aus der „totalen Vertaktung“ des Lebens zu führen. Nur zu deren eigenem Besten, halt nur gegen ihren mehrheitlichen Willen.
    Dies, Drobinski, pardon – glauben Sie doch wohl selber nicht. Selbstverständlich leidet die Freiheit nicht, wenn „das Geschäft und das öffentliche Vergnügen mal Pause machen“. Die Freiheit leidet, wenn die Religionen keine Pause – noch besser: nicht endlich ganz Schluss machen mit dem ungebetenen Zugriff auf die Lebensbereiche aller Menschen. Dafür scheint die Zeit im 21.Jahrhundert aber schon lange gekommen.
    Nach meinem Eindruck sind wir mit der wohlüberlegten und begründeten Entschei- dung des höchsten deutschen Gerichts der Freiheit auch in Bayern ein wenig näher gekommen. Zum gegebenen Zeitpunkt werden wir dies zu feiern wissen, Sie sind dazu herzlich eingeladen!

         bfg München                                                                                   2.12.2016
         Bund für Geistesfreiheit

         Assunta Tammeleo

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                   ARD und ZDF:
        Kirchliche Moralwächter immer dabei
           von Herbert Thomsen /14. 12.2016 / telepolis – (gekürzt & redigiert)

     Die Vertretung der Großkirchen mit ihrem Spitzenpersonal in öffentlich-rechtlichen Medien steht in krassem Widerspruch zur drastischen Abnahme der Zahl der Kirchenmitglieder. Am
4. September 2016, morgendlich im ZDF: Über zwei Stunden wurde die Heiligsprechung der Mutter Teresa aus Rom übertragen. Für die Einen sicherlich ein Quotenkiller, für Andere, besonders in oberen Etagen des ZDF, eine Herzensangele-genheit im Sinne christlicher Mission. Ganz im Geist des weiland Bischofs aus Limburg, Peter van Elst, der jetzt im Vatikan für die Remissionierung in Europa zuständig ist, wurden christliche Botschaften ans Volk gebracht. Ein Blick in die Leitungsetagen des ZDF erklärt auch die Vorliebe für die Ausstrahlung von Erbau-ungssendungen und christlicher Erweckung, die oftmals als "Schleichwerbung" in normalen Serien und Sendungen daherkommen.
     Vorsitzende des Fernsehrates des ZDF ist seit Sommer 2016 Marlehn Thieme, die lange dem Vorstand der Deutschen Bank angehörte. Diesen Job gab die 58-jährige auf, um sich ganz ihrer Arbeit für die Evangelische Kirche zu widmen, wie sie in ihrer Bewerbungsrede für die Wahl in deren Rat im Herbst 2015 kundtat. Sie gehört der EKD Leitung bereits seit 2003 an - eine religiöse Überzeugungsaktivistin. Zu ihren drei Stellvertreter*innen gehört eine weitere Dame, die als Diakoniepfarrerin im Fernsehrat des ZDF sitzt.
     Vorsitzender des Programmausschusses des ZDF ist Hans Langendörfer – von der Katho-lischen Deutschen Bischofskonferenz in den Fernsehrat entsandt. Doch auch das angestellte Leitungspersonal auf der Spitzenebene hat es in sich: Thomas Bellut war jahrelang, neben seinem Job als Intendant beim ZDF, als Medienberater der katholischen Bischofskonferenz tätig. Der Chefredakteur Peter Frey, verantwortlich für die Inhalte der meisten Nachrichten-sendungen des ZDF (als „SPD-nahe“ geltend), ist ehrenamtlich aktiv: er gehört dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken an. Und auch die dritte zentrale Leitungsperson im ZDF, der Programmdirektor, ist für die Una Sancta aktiv: Norbert Himmler gehört ebenfalls zu den Beratern der katholischen Bischöfe für Medienfragen.
     Drei der acht zentralen Entscheider des ZDF wurden von den Kirchen in diese Gremien entsandt. Und die drei Hauptberuflichen der Senderleitung sind bei der katholischen Kirche
tätig bzw. von dieser zu Beratern berufen. Mit einem derart drastischen Mehrheitsverhältnis in der Leitungsspitze zugunsten überzeugter bzw. zu Einfluss-zwecken entsandter Vertreter der Kirchenspitzen kann sich jeder Redakteur oder freie Mitarbeiter ausmalen, wie hoch die Chancen stehen, einen kritischen Film etwa zum Umgang der Bischöfe mit den Kindesmiss-brauchsfällen ausgestrahlt zu bekommen.

                   Die Hälfte der 12 Vorsitzenden
      öffentlich-rechtlicher Anstalten sind Kirchenvertreter

    Eine Ausnahme? Nein, auch bei den Anstalten der ARD agieren Kirchenvertreter in Rundfunk- und Fernsehräten. Das ist nicht neu oder ungewöhnlich. In den meisten Gremien der elf ARD-Anstalten sitzen zwischen 8 % (WDR) und 18,7 % (Bremen) Vertreter der Kirchen, kirchlichen Wohlfahrtsverbände, dazu Kirchenaktivisten oder Funktionäre auch über Landes-jugendringe oder als Vertreter des Zusammenschlusses der freien Wohlfahrtspflege. Von den insgesamt 523 benannten Rundfunkratsmitgliedern sind mindestens 63 Vertreter religiöser Zusammenschlüsse oder in solchen aktiv. Vier sind von muslimischen Verbänden entsandt,
zehn von jüdischen Gemeinden. In die restlichen 49 teilen sich die großen Christenkirchen zu
je etwa der Hälfte.
    Seit einer 2015 veröffentlichten Untersuchung wurde die Zahl der Kirchenvertreter durch Neufestlegungen in den Landesrundfunkgesetzen erhöht. Nutznießer waren die großen Kirchen, die ihre Sitzezahl jeweils um weitere 10 steigern konnten. Seit 2014 das Bundesverfassungs-gericht den Anteil direkt von Staat und Parteien entsandten Vertreter in den Rundfunkgremien auf maximal ein Drittel für zulässig erklärt hat, wurden in den meisten Ländern die Landesrund-funkgesetze geändert. Teils wurde die Zahl der Sitze verändert (ZDF von 77 auf 60 verkleinert) oder die Besetzung modernisiert. Nach Radio Bremen wird auch der WDR ab 2017 einen Vertreter der Nichtreligiösen im Rundfunkrat haben.
    Aber der durchschnittliche Anteil von 12% Religionsvertretern erklärt noch nicht deren enormen Einfluss und überproportionale Vertretung in den Spitzenpositionen der Rundfunk-anstalten. Nicht nur beim ZDF, auch beim Bayerischen Rundfunk, SWR, HR, RBB und Deutschen Welle stellen Kirchenvertreter die Vorsitzenden. Stellvertretende Vorsitzende stellen die Religionsgemeinschaften dazu in den Rundfunkräten von Radio Bremen und WDR.
    Besonders eigentümlich ist die Benennungspraxis für die Rundfunkräte in Hamburg und Bremen. Hamburg, das westliche Bundesland mit der geringsten Kirchenmitglieder quote von knapp 38 Prozent, schafft es bei 11 Delegierten im Rat des NDR immerhin auf 3 und damit
zur höchsten Quote aller Bundesländer von fast 28%. In Bremen, bei einer Kirchenmitglieder-quote von knapp über 45 Prozent, sind es noch 18%. Allerdings gibt es in Bremen das volle Programm: Neben den Großkirchen sind Jüdische Gemeinde, Muslime, Alewiten und sogar
der Humanistische Verband im Rundfunkrat vertreten.

                       Leitungspersonal berät Bischöfe
    Beim MDR, WDR, RBB, Deutsche Welle und Deutschlandfunk sind fünf weitere Personen aus dem Kreis von Intendanten, Chefredakteuren und Programmverantwort- lichen als Berater katholischer oder evangelischer Bischöfe tätig. Der Eindruck ist, dass das Spitzenpersonal der öffentlichen Rundfunkanstalten systematisch über Beraterfunk-tionen in die Medienarbeit der Kirchen einbezogen wird. Dabei können die Bischöfe darauf vertrauen, dass große Teile dieser Medienstrategien von den Beratern auch praxisnah umgesetzt werden.
    Die überproportionale Vertretung der Kirchengesandten basiert offenbar auf einer Koope-
ration mit staatlichen Vertretern, deren Anteil in den Rundfunkräten zurückge- gangen ist. Die Kirchenvertreter haben in Rundfunkräten eigene Interessen, so die Erhöhung des Anteils missionarischer Sendungen und Vermeidung von Kirchen- und Religionskritik. Das realisieren sie per Kooperation mit den staatstragenden Parteien.
Ein Blick in das Verzeichnis des Rates der Evangelischen Kirche oder des Zentralkomi tees der deutschen Katholiken zeigt: Auch dort gibt es zahlreiche aktive Spitzenpolitiker von Winfried Kretschmann bis Kerstin Griese.

                   Kirchengesandte als Kirchenlobbyisten
    In Carsten Frerks Kirchenrepublik Deutschland. Christlicher Lobbyismus. Eine
Annä herung
wurde die Lobbyarbeit der Großkirchen und ihrer Verbände bei  Bundestag, Bundesregierung und Landesregierungen einer ersten gründlichen Analyse unterzogen. Das Ergebnis: Die Großkirchen unterhalten die größte Zahl aller Lobbyisten in Berlin.
    Namen und Einrichtungen der maßgeblichen Lobbybüros und der großkirchlichen Rund-funkratsmitglieder belegt, dass die Mehrheit der Kirchenvertreter in Rundfunkräten im Hauptberuf als Lobbyist tätig ist, sich also ausschließlich mit der Interessenvertretung der Kirchen in Staat, Parteien und Medien befasst. …  Das schafft auch die Grundlage für die Eignung zum Spitzenpersonal. Damit wächst wiederum der Einfluss. Findungs-kommissionen der Rundfunkräte treffen eine Vorauswahl bei der Wahl der Intendanten. Kirchengesandte in
den Leitungsgremien können die Karriere kirchennaher Journalisten befördern. In Programm-kommissionen mit hohem Anteil kirchlicher Vertreter können Beschwerden zu Kirchenkritik
im Programm deren Ausstrahlung stoppen.
    Die Kirchengesandten werden in die sehr aufwendige Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
der Großkirchen eingebettet. Beide Kirchen unterhalten eigene Journalisten-schulen, in der schreibende Gläubige auf missionarisches Wirken in kircheneigenen Medien
und in Zeitungen und Sendern vorbereitet werden. Überdies laden beide Großkirchen jährlich zu Medienkon-gressen bzw. der Verleihung von Medienpreisen.
    Im Oktober 2016 trafen sich in den Räumen des NDR in Hamburg etwa 300 Medien-vertreter auf Einladung der Evangelischen Kirche zum 4. Evangelischen Medienkongress. Redner waren unter andrem Kai Gniffke, Chefredakteur der aktuellen Sendungen der ARD. Georg Mascolo (SZ) hielt die Laudatio für Dunja Hayali, die einen der Medien-preise erhielt. Ein anschaulicher Beleg der engen Beziehungen von Kirche und öffentlich-rechtlichen Medien. Da muss man auch nicht mehr gläubig sein. Die Kirche ist in diesen Medien die allgegenwärtige Moralinstanz. Überall präsent und offensichtlich auch von allen akzeptiert. Selbst erklärte Atheisten aus den Reihen der Medien sprechen vor und werden eingeladen. Öffentlich ist dies alles nicht. Die Berater der Bischofskonferenz sind inzwischen geheim. Viele Listen der Preisträger kirchlicher Auszeichnungen sind aus den Webseiten gelöscht.
      Auch dem naivsten Betrachter müsste auffallen, dass die Vertretung der Großkirchen mit ihrem Spitzenpersonal in krassem Widerspruch zur drastischen Abnahme der Zahl der Kirchenmitglieder und der religiösen Vorstellungen in der Gesellschaft steht. Aber die Kirchengesandten im öffentlichen Rundfunk und Fern-
 sehen wollen offensichtlich in steter Einigkeit mit Politik und Staat ihr missiona-
      risches Werk fortsetzen: 
Heilig senden und nicht darüber reden.

 


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               Missionarsstellung
   Heilige Teresa. Rom am Sonntag, 4. September 2016: Papst Franziskus spricht die albanische Nonne Agnes Gonxha Bojaxhiu (1910–1997), bekannt
als „Mutter Teresa“,
heilig, und deutsche Rundfunksender stehen Kopf. Wichtiges Thema, denn die Heiligen Roms bilden neuerdings eine Massenorga-nisation. Im Himmel herrscht Gedränge. Der DLF sagt jedenfalls, dass es seit 1978, als der Pole Karol 'Pistenküsser' Wojtyla Papst wurde, mehr als 500 „Kanonisierungen“ gegeben hat. Zuvor im 20. Jahr- hundert insgesamt 28. Soweit Wojtylas Geheimwaffe, um den realen Sozialismus zu besiegen. Frau Bojaxhiu war eine Fundamentalistin, bei der mitder Frömmelei Schluss war, wenn Reaktionäre und das Kapital zu verteidigen waren. Also war sie ein Fan von Margaret Thatcher und von Union Carbide, als der US-Konzern wegen bis zu 25.000 Toten der Chemiekatastrophe von 1984 im indischen Bhopal zur Verantwortung gezogen werden sollte. Titel eines 1995 erschienenen kritischen Buches des US-Publizisten Christopher Hitchens über sie:
                         Missionary Position – Missionarsstellung (asc)

 

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Demokratiebewusstsein
 braucht Religionskritik.

 

 

  In Ermangelung konstruktiver Gegenargumente suchen religiös eingestellte Menschen oft, kritische Fragen in Diskursen zu emotionalisieren und dadurch die Vormachtstellung der Religionen in der Gesellschaft zu bestätigen. Das funktioniert substantiell immer weniger – und bewährt sich dennoch. Denn es gehört noch immer weithin zum gesellschaftlichen Comment, „religiöse Gefühle“ zu respektieren, zumindest außer Debatte zu stellen.
    So entsteht trotz wachsender Sachkritik im öffentlichen bzw. veröffentlichten Diskurs eine Art Nicht-dran-Rühren, verstanden und deklariert als „Toleranz“, die gute demokratische Grundlage friedlichen Zusammenlebens sei. Auch die absurdesten Einstellungen, Bekenntnisse und vor allem Realitäten kommen so meist ungeschoren, allenfalls blessiert davon. Nichts scheint sich zu bewegen.

  Dagegen ist zu fragen:

Wieso ist die Entfernung von Kruzifixen aus Klassenzimmern staatlicher
Schulen ein Angriff auf religiöse Gefühle?


Warum sollen Kirchen im Arbeitsrecht Sonderrechte ausüben?

Wieso finanziert die Gemeinschaft aller Bürger aus ihren öffentlichen Kassen
die Ausbildung und den Unterhalt von Funktionären der Amtskirchen?


Auf welche Plausibilität stützt sich die staatliche kodifizierte und finanzierte  „Militärseelsorge“?

Und warum soll eine Abschaffung des Blasphemiegesetzes (§ 166 StGB)
und der religiösen Feiertagsgesetze (u.a. Tanzverbot) öffentliche Interessen beeinträchtigen?


     Schauen wir auf Grundlagen und Realitäten.
Omnipräsenz religiöser Symbole und Handlungen in der Öffentlichkeit 
prägt die Gesellschaft. Sie lässt Religion, öffentlich betriebene Religiosität und Zugriffe seitens kirchlicher Machthierarchien auf politische Strukturen und öffentliches Leben zu einer Art Selbstverständlichkeit werden. Kruzifixe (nicht einfach nur Kreuz-Symbole) in Ämtern, Kindergärten, Schulen, Rathäusern, Gerichtssälen, Trauerhallen, Bibliotheken, sogar Sport- und Freizeiteinrichtun-gen zeugen von dem Versuch, allgegenwärtige religiöse Präsenz nicht nur zu zeigen, sondern förmlich aufzuzwingen. Mit Brücken- und sogar Sparkassen-Einsegnungen, religiösen Eidesformeln, Gottesbezügen in den Verfassungen, Schulgebete, Schulmessen will man „religiöse Normalität“, gleichsam als Kulturtradition absichern.

     Mit diesem Klima soll Akzeptanz erzeugt werden: Zustimmung zur Militär-seelsorge, für die der Staat jährlich 30 Millionen Euro bezahlt. Zustimmung
zur staatlichen Gehälterzahlung an Bischöfe und Kardinäle in Höhe von 286
Millionen Euro pro Jahr. Unterhalt kirchlicher Leerstühle für „Theologie“ („als Begriff ein Widerspruch in sich selbst“, wie Karlheinz Deschner sagt), finanziert
aus den Steuermitteln aller Bürger. Zustimmung zu Sonderrechten, die auf dem Status "Körperschaft des öffentlichen Rechts" beruhen. All das gilt als „normal“. Kirchen zahlen keine Gerichtsgebühren und keine Grundsteuer, sie können die Mitgliedsbeiträge vom Staat als Kirchensteuer eintreiben lassen. Sie haben erreicht, dass kostenträchtige Behördengänge erforderlich sind, um eine Kirchenmitgliedschaft zu beenden. Kirchliche Kitas erhalten höhere Landes-zuschüsse als gleiche kommunale Einrichtungen.


  Das kirchliche Arbeitsrecht, ohne Betriebsräte, ohne Streikrecht, ohne Tarif-
recht, hat derzeit sogar vor Gerichten Bestand. Diskriminierung der kirchlich Beschäftigten in ihrem Arbeitsbetrieb (wie z.B. Entlassung bei Wiederheirat)
ist gang und gäbe.

     Die geschilderte Schaffung "religiöser Normalität" betrifft auch das Dasein nichtgläubiger Menschen und dämmt den Widerstand gegen konkrete
Benachteiligungen ein. Mit stetig steigendem Ansehensverlust, mit immer
mehr Austrittsakten schwindet aber die reale Macht der Kirchen. Eingriffe
in unser tägliches Leben werden so immer fragwürdiger.

     Wenn Homophobie, die Sanktionierung anderer Lebenspartnerschaften
(als die Kirchen sie wollen), das Verbot der Wiederverheiratung, eine intern
und verbreitet faktische Frauenbenachteiligung gesellschaftlich geächtet
werden sollten, würde die Macht der Kirchen schwinden, zumindest sinken.
Es ist hochgradig demokratiefeindlich, Menschen aus religiösen Motiven zu benachteiligen, weil angeblich ein Gott das so will.


  Sehen wir auf das Blasphemiegesetz, den § 166 StGB: 
    "Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften, Weltanschauungs-vereinigungen". Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren drohen demjenigen, der 
"den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer
Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören".
 Gern wird
die Bedeutung dieses Gesetzes missbraucht. Angeblich sei nur dadurch die Strafverfolgung etwa der Schändung jüdischer Friedhöfe möglich. Doch das
ist sachlich falsch, ein typisches Dreist-Argument. Denn dafür gibt es den eigenen § 168 "Störung der Totenruhe". Zum Unwillen bestallter Religions-vertreter kommt der Begriff ‚Religion‘ in diesem Gesetz allerdings nicht vor.

    Der § 166 ist ein Repressionsinstrument zum Schutz der Kirchen und ihrer Lehren. Wer den öffentlichen Frieden stört, kann auf der Grundlage anderer Gesetze ohnehin bestraft werden. Auf etwas zu schimpfen, ist normalerweise nicht strafbar – auch hier genießen Religionen eine Sonderstellung. Warum?
     Sehen wir auf die öffentliche Zurschaustellung des gekreuzigten Jesus. Niemand käme auf die Idee, jemanden auf einem elektrischen Stuhl oder am Galgen an die Wand zu hängen oder im öffentlichen Raum aufzustellen, um ihn verehren zu lassen. Doch hierzulande werden schon Kleinkinder mit dieser Folter- und Tötungs-Darstellung konfrontiert. Religion soll so früh wie möglich schleichend zur Normalität werden.
      Sehen wir schließlich auf die staatlich finanzierte Militärseelsorge.
30 Millionen Euro pro Jahr lässt der Staat sich diese Sonderpflege der Sonder-stellung kirchlicher Religionspräsenz kosten. Je 100 katholische & evangelische Pfarrer und Priester, dazu Extra-Bischöfe nebst Behördenapparaten, bieten „seelsorgerische“ Gespräche, Riten, Handlungen. Lt. einer Bundeswehrstudie machen nur 1% der Soldaten mit Gesprächsbedarf von diesen Einrichtungen Gebrauch. Vielleicht liegt das auch daran, dass diese "Seelsorger" fest im Militär-apparat verankert sind. Uniformen, militärische Dienstgrade und militärische Gehorsamspflicht geben davon einen klaren Eindruck.

    Tatsächlich stellen die Militärseelsorge, das Segnen von Waffen und Kampf-einheiten, die Aufstellung kirchlicher Gebetsstätten in Kriegs- und Kampfge-bieten auch außerhalb der europäischen Grenzen (überall, wohin eine militari- sierte Außenpolitik deutsche Bundeswehreinheiten entsendet) wie überhaupt
die Präsenz der Kirchen in militärischen Einrichtungen, flankierende Maßnah- men zur Förderung der Kriegsbereitschaft dar. Schon immer haben die Kirchen an der Seite der Mächtigen agiert. Das war im Feudalismus, in den Monarchien, dann in der Nazi-Diktatur so - und so ist es heute wieder. In beiden Weltkriegen haben deutsche und französische Priester den Soldaten versichert, diese stünden mit Gottes Segen gegeneinander für die richtige Sache im Kampf. Ein Wahnsinn aus kranken Hirnen – oder zynischen Interessen!

    Wer demokratisch eingestellt ist, mehr noch: wer links denkt, kann es nicht tolerieren, dass repressive Strukturen die gesamte Gesellschaft beeinträchtigen. Weil diese zahllose Menschen zu anti-humanen Einstellungen nötigen, sind sie demokratiefeindlich. Wenn jemand freiwillig an einen Gott glaubt, ist das zu tolerieren. Nicht zu tolerieren sind an diesen Glauben geknüpfte Bedingungen, deren Auswirkungen andere Menschen in ihrem Menschsein benachteiligen
     Was alle monotheistischen Religionen vereint, ist die Reihung der Gebote. Auf Platz 1 steht: "Du sollst keine anderen Götter neben mir haben" - erst auf Rang 5: "Du sollst nicht töten". Ein vielsagendes Indiz.

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       Religionsfreiheit
    Religionsfreiheit ist nicht nur die Freiheit zur freiwilligen Wahl einer Religion, sondern, und zwar keinen Deut weniger, die Freiheit von Religion. Man muss diese
unter zivilisierten Menschen humanistisch selbstverständliche Tatsache ab und zu wieder
in Erinnerung bringen, denn die Christen wehren sie hartnäckig ab. Kaum dass man sie etwas gezähmt hat, nehmen sie den durch Europa mäandernden muslimischen Glauben zum sichtlich und hörbar willkommenen Anlass, ins alte Muster des religiösen Größen- wahns und der missionarischen Raserei zurückzufallen.
    Die Stadt Leipzig hatte Katholikenbefall, gab eine Million Euro Steuergeld für den Katholikentag aus, und selbst der Gutmütigste oder Desinteressierteste fragte: Wieso
das denn? Wofür? Kriegen die nicht schon Kirchensteuer von denen, die diesen Obolus unbedingt entrichten wollen? Müssen Nichtgläubische auch zahlen, wie nicht fernsehende Menschen die GEZ-Gebühr? Und sich dafür noch von der Seite anglauben lassen?
    Genau das wird man: angepetert und -gepault, denn viele Christen sind unverbesserlich penetrant mitteilungsbedürftig und dabei so fixiert und beschränkt, dass sie nicht begreifen, akzeptieren, sportlich hinnehmen und sich überhaupt vorstellen können, dass es Menschen gibt, die sich für ihren Quark nicht interessieren und damit nicht behelligt werden wollen; nicht aus Verbohrtheit oder Verstocktheit, sondern weil der Matsch ihnen nichts sagt,
nicht schmeckt und nicht gefällt.
    Statt sich also von Zivilisierten etwas abzuschauen oder sie wenigstens in Ruhe zu
lassen, machen sie den Säkularisierten, die es gerade auf dem Territorium der nicht mehr existenten DDR reichlich gibt, »Gesprächsangebote«, und dies in einer textilen wie rhe- torischen Bekleidung, die an Reizlosigkeit und Unattraktivität schwerlich zu übertreffen ist. Das entspringt nicht dem Wunsch nach einfacher, gewählter Schlichtheit, sondern einer geistigen Armut, die nicht selig, aber sehr redselig macht.
     Doch tolerant, wie freundlich und unfanatisch Ungläubige sind, also weit toleranter als jeder Toleranz nur predigende, aber nicht übende Gläubische, ging man nicht Katholen versohlen und Christentanten veronkeln, sondern ließ sie gewähren, getreu dem Grundsatz »Der Klügere gibt nach«, der nur einen Nachteil hat: Folgt man ihm, gewinnen am Ende immer die Dummen, die sich die Duldsamkeit der Vernünftigen dann als Erfolg ihrer Propaganda ans Revers heften, mit dem duseligen Glattgesichtlächeln, an dem man sie erkennt.
                                                             
                     Wiglaf Droste
/ jW - 3.6.2016.


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    ... da west das bayerische Oberland
 Die Feigheit politisch aktiver, mit Wählervotum ausgestatteter Bürger (also
in ihrer Rolle als Mandatsträger besonders öffentlicher Wohlfahrt verpflichteter Gewählter) vor tradierten Unrechts-Usancen erweist sich tagtäglich in ihrer öffentlichen Umgangspraxis mit den beschriebenen Realitäten. Beispiel: Die Seegemeinde Münsing im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, gleich vor der Südgrenze der Millionenstadt München: Lt. Auskunft des gemeindlichen Ein- wohnermeldeamts sind mehr als 30 Prozent der Gemeindebürger konfessions- los. Die tradierte Altmacht der Katholischen Amtskirche ist ständig gesunken, Tendenz weiter fallend. Dennoch tagt der von allen Bürgern gewählte Gemein- derat mit einem allen Bürgern verpflichteten Bürger-meister unter einem großen Kruzifix. Ein weiteres Kruzifix dominiert die Wand im Bürgermeister- Büro.
Die Gemeinde lässt ihre gesetzlichen Pflichten zum Unterhalt von Sozialeinrich-tungen subsidiär von der r.k.-Kirche wahrnehmen (der daraus wieder Einfluss- macht ohne Grenzen zuwächst): Kinderhorte, Friedhof, Kultur. Am Beginn gesetzlich-amtlicher öffentlicher Bürgerversammlungen erschallt die Sentenz:  ‚Wir begrüßen unseren Herrn Pfarrer‘. Bei der Inbetriebnahme gemeindlicher, also bürgerschaftlicher Einrichtungen, Bauten, Stätten für Sport, Kultur, Soziales, Versorgung, nimmt der katholische Amtsträger Weihungen vor. Beim Festkon- zert zur Feier eines Sportvereinsjubiläums wird dem katholischen Orts-Hirten Dank dafür ausgesprochen, dass der zuvor eine so schöne Messe gelesen habe. Bei Festen, Jubiläen, Bierzelt-Events werden Insignien und Fahnen katholischer Vereinigungen mitgeführt (die ihrerseits üblich öffentlich „geweiht“ werden). Finanzielle Zuwendungen an den Pfarrgemeindebetrieb aus dem Steuerauf-kommen aller Gemeindebürger sind obligatorisch.


   In der Südgemeinde desselben Landkreises treibt man es noch exzessiver:
Dort „wählt“ der Gemeinderat (parteiübergreifend) in seinen konstituierenden Sitzungen die Träger des Baldachins bei der örtlichen Fronleichnamsprozession.


So steht es im Jahre 2015. In einem Land, an dessen 82 Millionen Bürgern die Römische Kirche noch knapp über 20% organisiert, die Zahl der Glaubens- und Konfessionslosen aber fast 40% erreicht – die deutlich stärkste Gruppe.

                                 Es besteht Handlungsbedarf.
                                                                                                                  
 KUS

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            Im Heidelberger Programm (1925) der
    Sozialdemokratischen Partei ‚Deutschlands
(SPD)
ist u.a. zu lesen:
  „Die öffentlichen Einrichtungen für Erziehung, Schulung, Bildung
und Forschung sind weltlich. Jede öffentlich-rechtliche Einflußnahme
von Kirche, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften auf diese Einrichtungen ist zu bekämpfen. Wir fordern: Trennung von Staat und Kirche, Trennung von Schule und Kirche, weltliche Volks-, Berufs- und Hochschulen. Keine Aufwendung aus öffentlichen Mitteln für kirchliche und religiöse Zwecke.“



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                        Vor Ort - 10. Februar 2015
         "Gnadenmittel unserer heiligen Kirche"
Die Verhältnisse im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sind um ein weiteres Beispiel zu ergänzen. In der Kommune Eurasburg, „Juwel des Loisachtales“, jeweils wenige Kilometer zwischen der Seegemeinde Münsing und der Kreis- stadt Wolfratshausen gelegen, kaum mehr als 25 km von der Grenze der Landeshauptstadt München entfernt, hat sich etwas zugetragen, womit sich
die reale Einflussmacht der Kirchen – hier natürlich wieder der römisch-katholischen – im Alltag provokativ greifbar macht.


Die Gemeinde hat, wie zahlreiche weitere in der Region, keinen eigenen kom-munalen Friedhof – sie nutzt den Friedhof mit, der Landeigentum der Una Sancta, konkret: des katholischen Dekanats, ist. Damit erfüllt sie den gesetzli-chen Auftrag, wonach jede Gemeinde eine Beerdigungsstätte vorzuhalten hat. Die Mit-Nutzung beruht meist auf vertraglichen Vereinbarungen mit den kirchlichen Verwaltungen, die ihrerseits Gegenleistungen in Form von Geldern, Nutzungs-berechtigungen, Diensten erfahren (und exzessiv nutzen). Diese Form des kommunalen Bestattungswesens ist hierorts weit verbreitet; es wird in einer Mehrzahl der Ortschaften im Oberland so praktiziert. Bemerkenswert dabei weiter: An nahezu allen Friedhöfen dieser Art gibt es keine öffentlich, also gemeindlich unterhaltene Trauerstätte in Form einer Versammlungs- und Gedenkräumlichkeit. Nahezu überall stehen dort nur Kapellen oder kleine Kirchengebäude mit sakraler, religiöser Ein- und Ausrichtung, im Besitz der öffentlch-rechtlichen Körperschaft römisch-katholische Kirche.

Die kontinuierlich zunehmende Zahl nicht kirchlich gebundener, also konfes-sionsloser Gemeindebürger – im Landkreis TÖL-WOR schon mehr als ein Viertel der Bevölkerung (Anteil katholischer Kirchensteuerzahler: noch 58%) – scheint den kommunalen Körperschaften bisher kein Anlass zur Überprüfung, gar Änderung dieser Verhältnisse zu sein.

Die Folgen daraus wurden in Eurasburg am 7. Februar 2015 wieder mal so richtig manifest. Die Beisetzung eines verstorbenen Eurasburger Bürgers von Ansehen, der keiner Konfession angehörte und ausdrücklich eine Beerdigung ohne religiöse = priesterliche Begleitung erbeten hatte, war angesagt. Seiner regionalen Prominenz wegen kamen über 200 Mitbürger zu dieser Beisetzung. Trauerredner und -musiker waren zur Stelle. Es war harter Winter, die Land- schaft von hohen Schneelagen bedeckt, die Temperatur bei etwa minus 10 Grad Celsius, seit Tagen ein scharfer Wind mit ständig neuen, peinigend bedrängen- den Schneefällen.

Die Bestatter hatten den Sarg gebracht – er stand unter freiem Himmel, der Wetterlage ausgesetzt. Die Trauergemeinde stand ebenso in Kälte, Schnee und Wind. Man hoffte auf ein Dach, eine Stelle für Sarg und Trauergefolge, Gele- genheit für Abschied und Gedenken. Doch die Türen zum Friedhofsgebäude blieben verschlossen – weil der Verstorbene kein katholischer Steuerzahler war. Der wegen Priestermangel (und selbst in diesen gesegneten Gauen herrschender Kirchenbetriebs-Strukturschwächen) für den Kirchenbetrieb in Eurasburg mit-zuständige Herr Kirchbichler, Pfarr-Herr im benachbarten Münsing, hatte jedes Entgegenkommen verweigert. Dies ungeachtet des Umstandes, dass unter den Versammelten sicherlich viele, vermutlich eine Mehrheit von Katholiken erschienen war, mit durchaus kirchengefälligen Motiven, jedenfalls dem Gefühl mitmenschlicher Liebe oder doch Solidarität.

Kein Erbarmen, keine Nächstenliebe, nicht mal eine Geste gütlicher zwischen-menschlicher Verständigung – nur sture Amtsmacht-Attitüde. Kein Bitten fruchtete. Der Herr Pfarrer teilte später mit, er habe seine Haltung mit dem zuständigen Dekanat abgestimmt. Factum est. Nun ist die Öffentlichkeit erstmal empört, Lokalpresse-Kommentierung und Leserbriefeingänge haben ein Thema. Ob die Gremien der Kommune Eurasburg den Vorfall, der einen Zustand offenbart, zum Anlass für Beratungen zur Situation und Zukunft der örtlichen Bestattungsregeln nehmen wird – wer weiß.  
                                                                                                                     
KUS

 

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                 “Der Unmut über den
                Katholikentag
ist spürbar“

 Jana Steinhaus, Vorsitzende der Gruppe Leipzig der Giordano-Bruno-Stiftung
  
Am 25. Mai beginnt der Katholikentag in Leipzig. Auch die Gegenveranstaltung
  »Trennt endlich Staat und Kirche« der Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung,
   GBS, fängt heute an. Was ist dort geplant?
  
In Leipzig ist der Unmut über den Katholikentag spürbar. Anderen wiederum ist er
gleichgültig. Die GBS Leipzig spricht aus, was viele denken: Warum zahlt der Staat für
eine Veranstaltung, die missionieren will? Vielen ist nicht bewusst, wie weit die Partner-
schaft zwischen Staat und Kirche in Deutschland geht. Darüber wollen wir aufklären
und laden zu acht hochkarätigen Vorträgen säkularer Referenten ein. Zudem kommt
die Kunstaktion der GBS »Elftes Gebot« in die Stadt. Wussten Sie schon, dass eine
Steintafel gefunden wurde, auf der das elfte Gebot zu lesen ist? Eine knapp drei Meter
große Moses-Figur bringt sie mit nach Leipzig und erläutert Passanten, was es damit
auf sich hat: »Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen«.
    Seit 2014 verlangt die »Kunstaktion« der GBS, solche Staatsleistungen an die
Kirchen einzustellen. Ist es nötig, die Forderung noch mal zu wiederholen?

    Unbedingt! Diese Zahlungen an Laienorganisationen, die Kirchen- und Katholikentage
ausrichten, kritisieren wir. In Leipzig zahlen Stadt, Land & Bund nun 4,5 Millionen Euro.
Der Staat finanziert somit knapp die Hälfte der Kosten des Events. Sowieso zahlen Bund
und Länder jährlich mehrere Hundert Millionen auf die Konten der beiden Großkirchen.
Seit 1949 sind 17 Milliarden Euro Steuergelder an die Kirchen geflossen. Es war in der
Verfassung nie vorgesehen, dass diese Zahlungen endlos weitergehen – zusätzlich zu
kommunalen Kompensationen für Diakonie, Caritas und den katholischen Kindergarten
um die Ecke. Die Giordano-Bruno-Stiftung erinnert daran, den Verfassungsauftrag
umzusetzen.
    Hat die GBS selbst staatliches Geld für ihre Zwecke erhalten, oder hat sie es mal
versucht? Anders gefragt: Wären Sie mit der Kirchenfinanzierung einverstanden, wenn
andere Vereine gleichgestellt würden?

    Wir fordern die weltanschauliche Neutralität des Staates. Keine weltanschauliche
oder religiöse Gruppierung soll für ihr bloßes Dasein finanzielle Unterstützung aus
Steuergeldern bekommen – auch die GBS nicht. Das schließt nicht aus, dass der Staat
soziale Arbeit von Vereinen und Verbänden unterstützt. Etwa wenn es um Kindergärten,
Krankenhäuser, Schulen und Senioreneinrichtungen geht. Die Kommunen tragen
derartige Einrichtungen der Kirchen fast vollständig, was Kirchenkreise regelmäßig
zu erwähnen vergessen.
                                           
                                                                                                        jW / Mai 2016
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   "Der Hurra-Katholizismus ist los"

 In hoffnungslosen Lagen, wenn der Untergang nicht mehr abzuwenden ist,
dies aber noch niemand wahrhaben will, findet ein letztes Aufbäumen statt. Irgend jemand vermutet dann, dass sich das Unvermeidliche vielleicht doch noch vermeiden ließe, wenn nur alle Beteiligten einmütig zusammenstünden.
In solch einer Lage wird oft die Parole „Lasst uns daran glauben“ ausgegeben. Das ist der Moment, in dem es klüger wäre, sich auf eine alte Indianerweisheit
zu besinnen: „Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, steig’ ab.“

       Aber Reiter toter Pferde fühlen sich häufig für viele verantwortlich. Also kann die Losung nur lauten: weiter reiten. Und so bleiben sie sitzen, versuchen sich an der Wiederbelebung ihrer toten Klepper und probieren tausend Dinge, von denen von vornherein klar ist, dass sie nicht funktionieren werden. Das Ergebnis ist rasender Stillstand, Leerlauf in höchster Drehzahl und die Ablen- kung vom Absurden durch Ausstoß großer Mengen von Bullshit.
        Wie das geht, kann man an den beiden christlichen Kirchen studieren, besonders an der katholischen, die derzeit mal wieder – nach einer beispiellosen Kirchenaustrittswelle als Folge der Missbrauchsskandale – einen „Dialog“ führt, den sie diesmal, weil das Wort schon etwas schimmelt, „Gesprächsprozess“ nennt. Es wird also geredet werden. Jahrelang. Solange wir den Schafen schein- bar zuhören, werden sich die Hirten denken, haben wir unsere Ruhe. Am Ende wird aus Rom die Nachricht kommen: „Vielen Dank, aber es bleibt alles, wie es ist. Lasst uns weiter daran glauben, dass der Papst immer Recht hat. Und denkt immer daran, ihr deutschen Katholiken, dass ihr nur eine kleine unbedeutende Minderheit seid im großen weiten Schoß der Mutter Kirche.‘‘
     Hohn und Spott wird die böse deutsche Welt dann wieder über Rom ausgießen, und der Papst wird sich abermals über jene Kreise und Schichten beklagen, die nur darauf warten, auf ihn einschlagen zu können. Das alles aber könnte man ihm ersparen, wenn ihm endlich jemand sagte: Dein Pferd ist tot. Aber das tut keiner.
       Stattdessen zieht der Spiegel-Journalist Matthias Matussek*) derzeit durch
die Lande und findet den Papst toll, den Zölibat cool, das Pillenverbot geil, die Protestanten peinlich, die Messe nach lateinischem Ritus korrekt, sich selbst provokant, den paulinischen Grundsatz, das Weib schweige in der Gemeinde, zukunftsweisend. Er bildet die Speerspitze eines neuen deutschen Hurra-Katholizismus, eines seltsamen Amal-gams aus alten, betonköpfigen Traditio-nalisten, smarten Talkshow-Katholiken und einer neuen Promi-Schickeria von Nina Hagen über die Prinzessin Gloria**) bis Nina Ruge***), die aus der globalen Esoterik- und Spiritualitäts-Apotheke schon vieles probiert haben und es derzeit schick finden, mal die Retro-Produkte der katholischen Manufaktur zu testen. „Die Zahl der Kirchenmitglieder nimmt zwar ab, aber die Zahl der öffentlichen Glaubensbekenntnisse nimmt zu“, staunt der Rektor der Katholischen Akademie Hamburg, Hermann Breulmann, dem es „auf die Nerven“ geht, „dass so viele Prominente mit ihrem Glauben hausieren gehen“.  (
Christ & Welt, 24/2011)
          Das sieht man im Raumschiff Vatikan jedoch ganz anders, wo sich der Kurienkardinal Paul Josef Cordes schier überschlägt mit seinem Lob der Matus-sekschen Confessiones. Es ist ein Deal zu gegenseitigem Nutz und Frommen. Die Bischöfe wähnen sich durch solch unverhofften Zuspruch wieder im Geschäft, aber das machen die Bekenner, denn sie bekommen Aufmerksamkeit, Einladun- gen, Lob und hohe Honorare für einfältige Thesen und dürftige Bücher.
         Die ganze Farce erinnert an Dürrenmatts Stück „Romulus der Große“.
     Romulus, der letzte römische Kaiser, pleite, hoch verschuldet, das Tafelsilber und die Blätter seines goldenen Lorbeerkranzes an den Antiquitätenhändler Cäsar Rupf verscherbelnd, hat eingesehen, dass Rom amEnde ist. Darum unter- nimmt er nichts gegen die einfallenden Germanen, lässt seinen Hof verlottern, vertreibt sich die Zeit mit Hühnerzucht und wartet auf das Eintreffen des Ger- manenfürsten Odoaker, auf dass dieser ihn töte und das germanische Zeitalter einläute. Bis dahin muss er sich mit seinem Hofstaat samt Gattin herumärgern, die noch nicht gemerkt haben, dass Roms Pferd tot ist. Sie fordern ihren Kaiser zu großen Taten auf, zum Weiterreiten. Zeno, der Kaiser von Ostrom, schwa-droniert, wer die Erfolge der Germanen erklären wolle, müsse „tiefer sehen“. „Unsere Völker glauben nicht mehr an uns, weil wir an uns selbst zweifeln.
        Ohne den Glauben an uns und an unsere weltpolitische Bedeutung sind
wir verloren.“ Julia, die Kaisergattin, stimmt glühend zu. Woraufhin Romulus lakonisch sagt: „Also gut. Glauben wir.“ Aber Romulus fragt: „Und jetzt?“ --
„Was, und jetzt?“ eifert Zeno. „Wir glauben. Das ist jetzt das Wichtigste.“
  …..................…..
                                                                
Christian Nürnberger (SZ / 23.7.2011)
 

*)    Matthias Matussek (* 1954) Jesuitenschüler, über den Berliner Abend zum stern, 1987-2013 Auslandskorrespondent, dann Feuilletonchef bei DER SPIEGEL, dann bei Springers DIE WELT, dort 2015 entlassen, seither Autor und Kolumnist für rechtsradikale und klerikale Medien.
**)  Gloria von Thurn und Taxis (* 1960 als Mariae Gloria Ferdinanda Joachima Josephine Wilhelmine Huberta Gräfin von Schönburg-Glauchau), ohne Beruf, durch Heirat mit Johannes, dem „11. Oberhaupt des Hauses Thurn und Taxis“, zur Prinzessin avanciert, figuriert als Managerin und Unternehmerin, lässt hingegen nur die auf sie gekommenen Erbschaften (soweit nicht veräußert) verwalten, tritt in der Öffentlichkeit als Stimmungskanone und/oder als extremreaktionär-ultramontanfromme Papstjüngerin auf, eine Medienfigur ohne thematische Zuständigkeit außer Reichtum und Reaktion.
***)   Nina Ruge (* 1956), Journalistin, TV-Moderatorin, Autorin, Millionärsgattin.


   “Täglich eine Vielzahl Benachteiligungen“
Menschen ohne religiöses Bekenntnis werden in Deutschland diskriminiert.
       Ein Gespräch mit Arik Platzek.
 Von Peter Wolter
       Arik Platzek ist Sprecher des »Humanistischen Verbandes Deutschland«

In Deutschland gibt es etwa 30 Millionen Menschen ohne religiöses Bekenntnis, Tendenz steigend.  – »Bürger zweiter Klasse«, heißt es in einer aktuellen Erklärung des »Humanistischen Verbandes Deutschlands«.
Wie begründen Sie diese zugespitzt kühne Aussage?

Das ist keine kühne Aussage, sondern eine Feststellung, die sich in zahlreichen Themengebieten belegen lässt. Es lässt sich ja nicht übersehen, dass sich bei öffentlichen Anlässen regelmäßig Vertreter von Religionen in Szene setzen dürfen, Repräsentanten konfessionsfreier und nichtreligiöser Bürgerinnen und Bürger aber höchstens ausnahmsweise vorkommen.
Viel bedeutsamer ist die Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt: Obwohl kirchliche Einrichtungen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen zu 80 bis 95 Prozent – nicht selten auch vollständig – aus öffentlichen Mitteln bzw. den Mitteln der Gesamtheit aller Beitragszahler und durch Nutzungsentgelte finanziert werden, dürfen Konfessionsfreie von solchen Arbeitsplätzen ausgeschlossen werden.
In manchen Regionen wiederum befinden sich Kindertagesstätten flächen-deckend in kirchlicher Trägerschaft – eine Zumutung für Eltern, die keine religiös geprägte Erziehung ihrer Kinder wollen. Oder schauen Sie auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: In den Rundfunkräten sind diverse Religions-gemeinschaften vertreten, die nichtgläubigen Beitragszahler haben keine Stimmen.
Ein viertes Beispiel: Es gibt vom Bundesministerium für Bildung & Forschung finanzierte Förderwerke für Studierende mit christlichem, jüdischem oder muslimischem Bekenntnis. Ein Förderwerk für Studierende mit säkularer, humanistischer oder atheistischer Lebensauffassung gibt es nicht.
Wir haben den Bericht »Gläserne Wände« verfasst, um die Vielzahl dieser täglichen und strukturellen Benachteiligungen darzustellen. Erschienen am
17. September 2015.

Ich zahle seit meinem 16. Lebensjahr keine Kirchensteuer und habe das keineswegs als Benachteiligung empfunden. Das ist doch ein Vorteil, den
ich als Atheist gegenüber denjenigen habe, die dran glauben und dann finanziell auch noch dran glauben müssen.

Ein Nachteil ist das sicher nicht. Wenn Sie als Nichtreligiöser aber aus einer Kirche austreten wollen, werden Sie zur Kasse gebeten. Der Austritt kostet,
je nach Bundesland, zwischen zehn und 60 Euro Verwaltungsgebühr – das
gibt es bei keinem anderen Verein.

Es existieren Vereinigungen, die sich dem Atheismus oder zumindest dem Agnostizismus verschrieben haben: die Freidenker, die Giordano-Bruno-Stiftung, die Humanistische Union usw. Wieso gelingt es nicht, dass diese Organisationen an einem Strang ziehen, um angemessene Repräsentanz
von Nichtgläubigen durchzusetzen?

Eigentlich ziehen diese Organisationen schon an einem Strang. Hier gibt es
seit 2008 den »Koordinierungsrat säkularer Organisationen« als Dachverband. Der fordert etwa einen Dialog zwischen Religionsfreien und Bundesregierung, wie es ihn auch mit Muslimen gibt. Doch das wird bis heute ignoriert. Bei anderen Themen ist die Kooperation weniger stark, denn die Ziele sind recht unterschiedlich. Bei einigen wiederum findet man  schnell zusammen. So etwa bei der Suizidhilfe, zu der der Bundestag bald neue Regelungen schaffen will.

Sollten die Nichtgläubigen nicht auch in der Öffentlichkeit mehr von sich reden machen? Es gibt ja viele Möglichkeiten: Demos, Flash-Mobs, notfalls Sprengung einet TV-Talkrunde.
Das hängt von der jeweiligen Organisation ab. Die Giordano-Bruno-Stiftung hatte in den letzten Jahren diverse Aktionen organisiert. Der »Humanistische Verband Deutschlands« konzentriert sich wiederum auf konkrete soziale, pädagogische und kulturelle Dienstleistungen und Angebote,  .... eben auch
die politische Interessenvertretung. In diesem Rahmen ist der neue Bericht entstanden.

                                                                                                        www.glaeserne-waende.de

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               Arbeitgeber Kirche:

        
Festredner bei Arbeiterrechte-Vorkämpfern
Der DGB und die Hans-Böckler-Stiftung feiern dieser Tage den »Wert der Mitbestim- mung« – unter anderem mit einer Wanderausstellung, die am heutigen Montag in der Akademie der Künste in Berlin eröffnet wird. Soweit, so unspektakulär. Bemerkenswert ist allerdings, wen DGB-Chef Reiner Hoffmann als Festredner geladen hat: ausgerech- net den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, der über »aktuelle Perspektiven zur Würde der Arbeit« referieren soll.
     Die Bischöfe als Verteidiger der Mitbestimmung? Vielleicht sollte der DGB-Vorsit- zende mal bei seinen ver.di-Kollegen in Diakonie und Caritas nachfragen. Die mehr als eine Million Beschäftigten der kirchlichen Wohlfahrtsverbände sowie der verfassten Kirchen bleiben bei der Mitbestimmung nämlich außen vor.
     Unter Berufung auf ihr aus der Weimarer Reichsverfassung stammendes »Selbst-ordnungsrecht« beharren die Bischöfe und Kardinäle darauf, die Arbeitsbedingungen einseitig vorzugeben. Statt Betriebsräten gibt es Mitarbeitervertretungen mit deutlich weniger Rechten. Und statt in freien Tarifverhandlungen werden die Einkommen auf
dem sogenannten dritten Weg kircheninterner Lohnfindung festgelegt. Das Streikrecht 
– obwohl grundgesetzlich geschützt – wird weiterhin bestritten.
     Und selbst individuelle Menschenrechte zählen unter dem kirchlichen Regime nicht viel. Immer wieder werden Beschäftigte allein deshalb gefeuert, weil sie sich scheiden lassen, aus der Kirche austreten oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben.
     Gegen diese vordemokratischen Zustände setzen sich Beschäftigte bei Caritas
und Diakonie mit Hilfe ihrer Gewerkschaft ver.di seit Jahren zur Wehr. Das müsste eigentlich auch der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes mitbekommen haben. Dass Hoffmann dennoch einen Vertreter dieser Institution zum Festredner der Mit- bestimmung adelt, zeigt ein Maß an Ignoranz, das nicht zu rechtfertigen ist.
                                                                                                            (dab / 7.3.2016)


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           Gesegneter Putsch

   Dokumente belegen Unterstützung des Vatikans beim US-gelenkten
   Staatsstreich in Chile 1973

        von Volker Hermsdorf

Zu Gast bei Freunden: Papst Johannes Paul II. besuchte im April 1987 den ¬chilenischen Diktator Augusto Pinochet in Antofagasta (Reuters)

   (April 2016) Was viele vermuteten, ist durch Dokumente bewiesen: Der Vatikan
stand 1973 fest an der Seite der faschistischen Militärs, die in Chile mit Hilfe der USA den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende stürzten. Wie die italienische Tageszeitung La Repubblica und die spanische Onlinezeitung Público berichten, hatte
der Chefdiplomat des Vatikans, Giovanni Benelli, gegenüber US-Diplomaten die Unter-stützung des Heiligen Stuhls für das Pinochet-Regime bestätigt. Ein Gespräch, das am
18. Oktober 1973 – fünf Wochen nach dem blutigen Putsch – in Rom stattfand, wurde jetzt durch eine von Wikileaks veröffentlichte Depesche der dortigen US-Botschaft an
das US-Außenministerium bekannt.
   In diplomatischen Kreisen wurde Benelli, dessen Nähe zu den USA bekannt war, damals auch »Kissinger des Vatikans« genannt. Obwohl nur stellvertretender Staats-sekretär hatte er – wegen des hohen Alters des Papstes – die Amtsgeschäfte seines Vorgesetzten übernommen und war faktisch die Nummer zwei nach Paul VI. Dem von Washington als »Geheim« eingestuften Dokument zufolge äußerte Benelli gegenüber
den US-Vertretern »seine eigene und die Besorgnis des Papstes über eine internationale Kampagne der Linken, deren Ziel darin besteht, die Situation in Chile falsch darzu-stellen«. Er habe große Befürchtungen, dass ein Erfolg dieser »kommunistischen Propagandakampagne« künftig auch die Berichterstattung der Medien in der »freien Welt« beeinflussen könne.
    Die Mitteilung der US-Diplomaten enthält weitere brisante Äußerungen des Papstvertrauten. Benelli habe unter anderem betont, dass »die Berichte internationaler Medien über eine brutale Repression in Chile jeder Grundlage« entbehrten. Der Reprä-sentant des Pontifex habe gesagt, dass es »unglücklicherweise, wie es nach einem Staatsstreich üblich« sei, »bei den Säuberungsaktionen in Chile einiges Blutvergießen« gegeben habe, heißt es in der Depesche. Der chilenische Kardinal Raúl Silva Henríquez und die Bischöfe des Landes hätten dem Papst jedoch versichert, dass »die Junta alles
ihr Mögliche« unternehme, um die Situation zu normalisieren.
    Auch für eine mittlerweile als Propaganda-Ente zur Rechtfertigung des Putsches enttarnte CIA-Erfindung mit dem Codenamen »Plan Z« lieferte Benelli Munition. Der Vertreter des 'Heiligen Stuhls' in Santiago de Chile habe bestätigt, dass »die kubanische Botschaft in den letzten Monaten der Allende-Regierung als Depot für die Verteilung osteuropäischer Waffen an chilenische Arbeiter gedient habe«, gab er zu Protokoll.
    Deshalb, meldeten die US-Diplomaten zufrieden nach Washington, halte Benelli Berichte darüber, dass Allende einen »prokommunistischen Putsch« geplant habe, für glaubwürdig. Der CIA kam das gelegen. In einer internationalen Desinformations-kampagne verbreitete der US-Geheimdienst die Lüge, Augusto Pinochet und seine Schergen seien lediglich einer drohenden kommunistischen Machtübernahme zuvorgekommen.
    Auch der letzte Punkt des Gesprächs erleichterte Washington. Papst Paul VI. sei
nicht bereit, Isabel Allende Bussi, die vor der Junta geflohene Tochter des getöteten Präsidenten, im Vatikan zu empfangen, versicherte dessen Chefdiplomat.
    Benellis Vorstoß hatte Folgen. Während »Tausende von Chilenen bereits verhaftet, getötet oder spurlos verschwunden waren«, erklärte die Chilenische Bischofskonferenz ihre »hohe Wertschätzung der Streitkräfte und der Polizei des Landes«, berichtete der Spiegel damals. Ein Jahr nach dem Putsch bezeichnete der Sekretär der Bischofs-konferenz die Beziehungen zwischen Staat und Kirche noch als »herzlich«.
    Die Nähe chilenischer Kirchenfürsten zu Faschisten hat Tradition. Der mit Hilfe des Vatikans in Chile untergetauchte und 1984 in Santiago de Chile verstorbene ehemalige SS-Führer Walther Rauff schwärmte offen von der klerikalen Fürsorge, die ihm bis zu seinem Tod ein Leben in Freiheit ermöglichte, obwohl er von der Staatsanwaltschaft Hannover wegen Beteiligung am Mord an mindestens 97.000 Menschen per Haftbefehl gesucht wurde.

 

    20.2.2015 / Interview

»Die öffentlichen Kassen werden systematisch angezapft«


       In Sachsen gibt es relativ wenige Christen — doch die Kirchen
       kassierten seit 1993 über 403 Millionen Euro.

        Gespräch mit André Schollbach / Interview: Markus Bernhardt

 

André Schollbach MdL (Die Linke) ist seit 2014 Mitglied des sächsischen Landtags und seit 2007 Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Dresdner Stadtrat
Sie haben durch parlamentarische Anfragen an die Staatsregierung herausgefunden, dass die Staatsleistungen des Freistaates an die christlichen Kirchen im vergangenen Jahr ein Rekordniveau erreicht haben. Wieviel Geld haben diese Religionsgemeinschaften kassiert?
   Seit geraumer Zeit und in erheblichem Umfang sprudelt staatliches Geld in die kirchlichen Kassen. So erhielten die Evangelischen Kirchen und die Katholische Kirche allein in Sachsen für das Jahr 2014 über 23,8 Millionen Euro aus dem Staatshaushalt. Ein Jahr zuvor waren es 22,5 Millionen Euro. Seit der erstmaligen Zahlung von Staatsleistungen an die Kirchen im Jahr 1993 haben sich die jährlichen Zahlungen nahezu verdoppelt. Damals wurden 13,2 Millionen Euro
an die Kirchen gegeben. Seit 1993 erhielten sie aus der sächsischen Staatskasse insgesamt über 403 Millionen Euro.

Halten Sie derlei finanzielle Förderung in einem Bundesland, in dem die Menschen in großer Mehrheit konfessionslos sind, für angemessen?
   Staatsleistungen und Mitgliederentwicklung der Kirchen stehen in einem auffälligen Missverhältnis zueinander. Seit 1994 sind in Sachsen 128.347 Menschen aus den evangelischen Kirchen ausgetreten, 17.461 Mitglieder verließen die Katholische Kirche. Damit haben von 1994 bis 2013 insgesamt 146.808 Menschen den beiden großen Religionsgemeinschaften den Rücken gekehrt. Die Kirchen geben aus Sicht vieler Menschen lediglich Antworten von gestern auf die Fragen von morgen. Hinzu kommt der Umstand, dass sie in den vergangenen Jahren durch diverse Skandale erheblich an Glaubwürdigkeit verloren haben. Zudem glauben viele Menschen in einer aufgeklärten Welt einfach nicht mehr an einen Gott.
Die Kirchen behaupten stets, sie seien auf die Staatsleistungen angewiesen, um damit soziale Projekte zu finanzieren. Jüngst wurde hingegen öffentlich, dass allein das Bistum Köln über ein Vermögen von 3,35 Milliarden Euro verfügt …
   Das Märchen, die Kirchen seien auf Staatsleistungen angewiesen, um soziale Projekte finanzieren zu können, wird immer wieder gern erzählt. Dazu muss man aber wissen, dass konfessionelle Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser nichts mit Barmherzigkeit zu tun haben. Denn für diese Einrichtungen werden jeweils erneut Gelder in erheblichem Umfang aus den öffentlichen Kassen gezahlt.
Gibt es weitere staatliche Zuschüsse an die Kirchen?
   Neben den regelmäßigen jährlichen Zahlungen erhalten die Kirchen immer wieder zusätzliche Geldgeschenke der öffentlichen Hand. So beabsichtigt die sächsische Staatsregierung, den Katholikentag 2016 in Leipzig mit drei Millionen Euro zu bezuschussen. Dazu kommen noch Gelder des Bundes sowie der Stadt Leipzig. Auf diese Weise wird der Katholikentag mit voraussichtlich 4,4 Millionen Euro aus öffentlichen Geldern finanziert.
Widerspricht dieser staatliche Finanztransfer nicht der gesetzlich verbrieften Trennung von Staat und Kirche?
   Die massive staatliche Finanzierung der Kirchen ist unter diesem Aspekt sehr kritisch zu betrachten. Ein wesentlicher Teil der Kirchenfinanzen stammt aus öffentlichen Geldern. Auf diese Weise wird die verfassungsrechtlich garantierte Trennung von Staat und Kirche ausgehöhlt. Zudem fehlt es der öffentlichen Hand vielfach an notwendigen Geldern zur Erfüllung sozialer und kultureller Aufgaben.
Also fordern Sie letztlich einen Ausstieg aus der Kirchenfinanzierung?
   Den Kirchen ist es gelungen, durch hartnäckige Lobbyarbeit die regierenden Parteien dazu zu bringen, den staatlichen Geldhahn weit aufzudrehen. Die öffentlichen Kassen werden systematisch für kirchliche Zwecke angezapft. Das geschieht äußerst raffiniert und aus unterschiedlichsten Töpfen. Auf diese Weise soll das wahre Ausmaß der Geldströme verschleiert werden. Diesen Schleier gilt es zu lüften. Es bedarf einer kritischen Überprüfung der überbordenden staatlichen Kirchenfinanzierung.

 

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    Angesichts des „Buon Papa“, genannt Franziskus

Seit fast 1.700 Jahren – seit dem Ende des 4. Jahrhunderts – paktiert die Christenkirche stets mit den jeweils Herrschenden, hat diese zu allen Zeiten unterstützt bei der Unterdrückung, Ausbeutung und Versklavung von Menschen, so auch der Ausplünderung der Kolonien weltweit. Und sie ist dabei immer reicher und mächtiger und somit selbst Teil dieser Strukturen geworden. So zu tun, als stünde sie nun auf einmal gegen dieses System inhumaner Herrschaft, ist daher wenig glaubhaft und noch weniger überzeugend. Vielmehr gilt ihre tatsächliche Besorgnis wohl weniger den Opfermillionen einer die Menschheit und die „Schöpfung“ von jeher verachtenden und zerstörenden Politik als vielmehr dem möglichen baldigen Ende dieses für die Kirche(n) so lukrativen Systems selbst. Geht dieses unter, so ist mit ihm auch die jahr- hundertelang bewährte, äußerst profitable Geschäftsgrundlage der Kirche(n) dahin. Und das wäre dann das Ende des klerikalen Imperiums.
                                                                                               Reinhard Hopp

Hebeln die Katholiken dieser Erde jetzt die kapitalistischen Produktions-verhältnisse aus den Angeln? Werden die Bischöfe zu Reolutionsführern? Wohl eher nicht. Die römische Kirche ist wie alle anderen großen Religionsträger ein tragender Teil der Institutionen, die kapitalistische und feudalistische Macht- und Produktionsverhältnisse stützen und absichern. Mit Ideologie, wirtschaft-licher und politischer Macht. Die Leichenberge der katholischen Machtaus-übung, die in den letzten Tausend Jahren zur Mehrung des von Einfluss und Profit angehäuft wurden, sind mit über 200 Millionen kaum einholbar. Die Ruhigstellung der Armen, ihre geräuschlose Unterordnung mit Berufung auf „Gottes Willen“, ist der wesentliche großkirchliche Beitrag. Nur mit Tafeln und Notunterkünften ist keine Abhilfe zu schaffen. Beten für eine gerechte Welt verändert nichts. Deshalb müssen aktuell auch moralische Kriterien her. Sonst kann sich der Klerus bei den Unterdrückten nicht glaubwürdig machen. Daher jetzt die soziale Attitüde.                                                    Herbert Thomsen


„Die gestiegene Zahl der Kirchenaustritte und damit derjenigen Menschen,
die zu den Kirchen und deren Lehren auf Distanz gehen, ist Ausdruck eines geistigen Emanzipationsprozesses – und damit begrüßenswert. Mit Glaubens-ideologien und Absolutheitsansprüchen, die sich nicht nur für unfehlbar halten, sondern dem Volk auch mit mal kaschiertem, mal offenem Zwang aufoktroyiert wurden, hat das 20. Jahrhundert grausamste Erfahrungen gemacht, am furcht-barsten unter dem NationalsozialismusDeshalb sollten wir hellhörig werden, wenn geistige Strömungen, gleich ob sie als Partei oder als Religion daher-kommen, für sich beanspruchen, im Besitz der allein gültigen Wahrheit zu sein.“                                                                       
            Lena Naumann

 

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                      Kirchen-Hierarchen
         zur Humanitätspraxis im Herbst 2015

Es meldet DIE WELT: „Die Kirchen schlagen in der Flüchtlingskrise neue Töne an.
Der EKD-Vorsitzende Bedford-Strohm spricht offen über Rückführung. Kardinal Marx will muslimischen Flüchtlingen das Christentum erklären“.
   Die deutsche Willkommenskultur bei der Flüchtlingshilfe ist den Kirchen hochwill-kommen. Aber jetzt spricht der oberste deutsche Protestant auch über eine Kultur in
der entgegengesetzten Richtung: „Vielleicht brauchen wir so etwas wie eine Abschieds-kultur“, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, am Freitag vor Journalisten in Berlin.
   „Abschiedskultur“? War da nicht was? Doch: Erst vor wenigen Tagen handelte sich
der schleswig-holsteinische CDU-Vorsitzende Ingbert Liebing riesigen Ärger ein, als er zum Thema Flüchtlinge sagte, Deutschland brauche nicht nur eine „Willkommenskultur“, sondern auch eine „Verabschiedungskultur“. Zu Letzterer müsse gehören, so Liebing, dass man neben Bildern von herzlicher Flüchtlingsaufnahme auch Fotos oder Filme
von Abschiebungen präsentiert.
     Anmerkung: Bizarr ist ja die Begründung, warum die Amtskirchen derartige "Rückführungen" nicht im Fernsehen sehen wollen: Aus Menschenfreundlichkeit.
Mit anderen Worten: Wenn man das Leid der Flüchtlinge auf ihrem Weg zurück nicht sieht, kann es auch kein Leid geben. Merkwürdig ist auch die Vorstellung, nur in
Länder abschieben zu wollen, in denen es nach noch zu tätigenden Investitionen irgendwann Zukunftsperspektiven und gute Lebensbedingungen für die Menschen gibt. Diese Verhältnisse können aus Sicht der Geistlichen offenbar über Nacht hergestellt werden, denn die berockten Herren fordern gleichzeitig eine rasche Prüfung von Asylanträgen.

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         Katholikentag 2015 – in Münster
        Edelfedernkommentar im Spitzenblatt der „Anspuchsvollen“
        
und die Wirklichkeit

   Der Geiz von Münster
     von Matthias Drobinski                                     Süddeutsche Zeitung / 27.3.2015
Die Stadt Münster zahlt für den Katholikentag 2018 kein Geld – dieser Beschluss des Stadtrats ist so piefig wie provinziell. Der Zuschuss hätte ein Tausendstel des Haushalts betragen, darüber ist noch keine Stadt zugrunde gegangen. Der Geiz von Münster trifft ja nicht „die Kirche“, sondern die Bewegung der katholischen Bürger und das zivilgesellschaftliche Engagement von Christen, ob für Flücht- linge oder Frieden, fürs Soziale oder die Kultur. Er trifft eines der selten gewor- denen Foren, auf denen über die Zukunft des Landes debattiert wird.
    Nein, nein, wir sind nicht religionsfeindlich, heißt es aus dem Rat. Die Frage, wie man es dort mit der Religion hält, ist auch gar nicht so wichtig. Die Ableh- nung erfolgt aus dem gleichen Geist heraus, aus dem auch sonst klamme Kom- munen bei Kunst, Kultur und Zivilgesellschaft sparen: Bringt nichts, kann weg. Nur dass dieser Geist diesmal von links weht, mag ungewöhnlich erscheinen.
    Für die Veranstalter von Katholikentagen wie evangelischen Kirchentagen
bedeutet der Beschluss: Sie können sich der einst selbstverständlichen Unter-stützung der Kommunen nicht mehr sicher sein. Sie werden immer neu begrün- den müssen, was sie zum Nutzen der Stadt tun wollen. Die schlechteste Übung ist das nicht. Und vielleicht übernehmen ja künftig die – schuldenfreien – Kirchen einen größeren Anteil an der Finanzierung der Treffen. Und zeigen,
was die ihnen wert sind.

 

   »Die Landesregierung
     hat den Antrag durchgewunken«

  Die Stadt Münster wird den Katholikentag mindest nicht mit Barzuschuss 
  subventionieren. - Gespräch mit Daniela Wakonigg

   von Gitta Düperthal
 Daniela Wakonigg ist als Regionalbeauftragte des Internationalen Bundes der
 Konfessionslosen und Atheisten e.V in
Münster aktiv bei der Kunstaktion »11. Gebot«
     Erstmals in der Geschichte des Katholikentags verweigert eine Stadt eine beantragte Millionensubvention. Wie haben die Stadtratsfraktionen von
Münster das begründet, als sie vergangene Woche auf dem 11. Gebot beharrten: »Du sollst deinen Kirchentag selber bezahlen«?

     Zunächst: Leider haben die Stadtratsfraktionen nicht alle Subventionen abgelehnt. Nur den Barzuschuss von 1,2 Millionen Euro haben sie erfreulicher- weise nicht wie üblich einfach durchgewunken. Die Linke hat argumentiert: »Trennung von Staat und Kirche ist unsere Position«, über Sachleistungen sei noch zu reden. Die Grünen erklärten, nicht einen Cent mehr für Sachleistungen und Rabattierungen durch die Stadt gewähren zu wollen als bei anderen Großveranstaltungen. Mit einem aus unserer Sicht charmanten Zusatzantrag verdeutlichten sie, dass hier eine keineswegs arme Organisation Bares begehrt: Der Rat möge das Bistum bewegen, diesmal mehr Geld für die Finanzierung des Katholikentags lockerzumachen. Vorschlag der Grünen: Das Bistum könne einige seiner Immobilien an die Stadt Münster verkaufen; diese suche hände-ringend Häuser für Flüchtlingsunterkünfte und sozialen Wohnungsbau. Leider kam deren Antrag nicht durch.
     Die SPD hingegen will Dienstleistungen kosten- frei zur Verfügung stellen sowie Schulen und die Halle Münsterland überlassen – was einer Förderung
von 400.000 Euro entspräche. Andere Veranstalter müssen diese Mittel selbst aufbringen. In puncto Bares waren sich aber alle einig: Eine verschuldete Stadt kann nicht eben mal mehr als eine Million Euro aus dem Ärmel schütteln.

Die Kirche ist bekanntermaßen keine arme Institution.
Behauptet sie das denn?

     Üblich ist bislang folgende Kostenaufteilung: Ein Drittel wird aus öffentlichen Mitteln von Land, Bund und Kommune eingeworben, ein Drittel steuert das Bistum bei, ein Drittel setzt sich aus eigenen Mitteln zusammen, unter anderem aus Eintrittsgeldern, Kollekten und Fundraising. Offizieller Veranstalter ist stets das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Es bezeichnet sich selbst
als katholische Laienorganisation, und will so vorspiegeln, dass der Veranstalter mitnichten die reiche katholische Kirche sei. Das hört sich so schön nach katho-lischen Lagerfeuerklampfen an. Das ZdK ist aber kein kirchliches Gremium, in dem jeder mal vorbeikommen kann. Es ist gewählt von den Diözesanräten und katholischen Verbänden. Mitglieder sind beispielsweise Persönlichkeiten wie
der ZDF
-Chefredakteur Peter Frey und die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Tiefpunkt der Debatte war insofern der vom CDU-Fraktionschef Stefan Weber vorgetragene Einwand: Jeder Sozialhilfe-bezieher bekäme von »der anderen Seite« – gemeint waren die anderen Parteien des Rats – Zuschüsse versprochen, das ZdK hingegen nicht.


Bei Zeit online heißt es dazu, die CDU/CSU rechtfertige mitunter Ausgaben damit, dass die Kirchen ihrem »Verkündigungsauftrag in der Gesellschaft« nachkommen können müssen …
     Wäre es tatsächlich im Zusammenhang so belegt, wäre es das exakte Gegenteil der Argumentation, die wir bisher von der Kirche gehört haben: Der Katholikentag wolle sich einer gesamtgesellschaftlichen Debatte widmen. Allerdings ist es Unsinn, zu behaupten, die Kirche wolle jeden ansprechen. Mehr als 90 Prozent derjenigen, die da diskutieren, sind Katholiken. Außerdem kann es niemals staatliche Aufgabe sein, den Verkündigungsauftrag irgendeiner Religion zu finanzieren.

Macht das ZdK jetzt Druck, um Sachleistungen zu erreichen?
     Bisher gilt: Der 101. Deutsche Katholikentag soll auf jeden Fall 2018 in Münster stattfinden. Neuerlich verkündet das ZdK, zu überlegen, ob man sich das nun noch leisten könne. Vielleicht zielt dies auf ein Umkippen im Rat.
Von null bis 600.000 € sei bei solch einer Förderung alles denkbar, meint die Münsteraner Fraktion der Linken.

Wie sieht es mit dem beantragten Barzuschuss von 1,6 Millionen Euro bei
der
Landesregierung aus SPD und Grünen aus?
    Sie hat den Antrag einfach durchgewunken, ohne öffentliche Debatte im Landesparlament.

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Menschenrechts-Katastrophe
Über 1.300 Kinder starben in Chiles katholischen Kinderheimen

von Frederico Füllgraf

Zur falschen Zeit, beim Auftakt des Präsidentschaftswahlkampfs, platzte vor wenigen Wochen in Chile die schwerste Anklage wegen Menschenrechtsverletzungen durch den chilenischen Staat und die Heilige Katholische Kirche seit Ende der Militärdiktatur im Jahr 1990. Eine Untersuchungskommission des Parlaments in Valparaíso warf dem Nationalen Dienst für Minderjährige (SENAME) und den chilenischen Regierungen seit 2005 vor, für den Tod von mindestens 1.300 Kindern und Jugendlichen verantwortlich zu sein. Als Todesursachen benennt der Untersuchungsbericht die systematische Verletzung der Aufsichtspflicht, Verwahrlosung, lebensbedrohliche medikamentöse Behandlungen, Gewaltanwendung, Bildung von Prostitutionsringen und Vergewaltigungen hunderter Minderjähriger, auch durch Leiter beauftragter katholischer Kinderheime. Unter den schon vor Jahren schwer belasteten Sexual-Straftätern befindet sich der ehemalige Bischof von La Serena und Chillán, Francisco José Cox Huneeus. Um den Justizbehörden zu entkommen, zogen Vatikan und die chilenische Katholica den “Würdenträger” aus dem Verkehr und verordneten ihm „Buß- und Bet-Arbeit” im Vaterhaus der Schönstatt-Bewegung, im pfälzischen Vallendar.

„Neue Infamie” – und niemand fühlt sich schuldig
„Die Namen der verschwundenen politischen Gefangenen werden allesamt an einem Mahnmal auf dem Allgemeinen Friedhof Santiagos genannt, damit die Erinnerung an jene schreckliche Schandtat lebendig bleibt. Wird es jedoch auf dem gleichen Friedhof ein vergleichbares Mahnmal zur Ehrung der 1.313 toten Kinder geben? Ich schlage folgenden Text vor: `Hier wird mit Datum, Vor- und Zunamen an die 1.313 Kinder erinnert, die in der Obhut des SENAME während des Übergangs zur Demokratie umgekommen sind. Wahrheit und Gerechtigkeit für sie!´”.

Mit diesen harten Worten ging die an der Universität Aachen promovierte chilenische Soziologin Eda Cleary mit der Regierung der Sozialistin Michelle Bachelet und ihren Vorgängern ins Gericht. In einem Zeitungsbeitrag empörte sich die Professorin über die Drückebergerei von Regierungs-Instanzen vor der Verantwortung für den Tod der über 1.300 Kinder und Jugendlichen, die in staatlichen und vom Staat subventionierten, privaten – auch katholischen – Kinderheimen, aus haarsträubenden Gründen umgekommen sind.

Die Abrechnung Clearys mit den politischen Führungen der Mitte-Links-Koalition Bachelets und der ultrarechten Opposition ist kompromisslos. „Der Tod von 1.300 Kindern in den Händen des chilenischen Staates, die gefoltert, vergewaltigt, prostituiert, missbraucht und in den Händen von skrupellosen, politischen Akteuren des SENAME ihrem Schicksal überlassen wurden, wird als die größte Infamie in Zeiten der Demokratie in die Geschichte eingehen”, schrieb die Wissenschaftlerin.

Ob die selbst ehemals inhaftierte und exilierte, sozialistische Staatschefin sich noch an eines ihrer Glaubensbekenntnisse erinnerte? Hatte sie doch anlässlich des 40. Jahrestags des Militärputsches im Hinblick auf die Aufarbeitung der blutigen Pinochet-Diktatur noch 2013 erklärt, „die vorrangige Verantwortung ist die Treue zu unserer Wahrheit und unserem Gedächtnis. Chile ist ein Land, das sich nicht scheut, sich selbst auf ehrliche Weise zu betrachten.

Die Öffentlichkeit sieht das jetzt anders. Der Gipfel, so Cleary, sei jene „erschreckende und brutale Lobby” gewesen, wie der regierungstreue Abgeordnete Ramón Farías den Druck mehrerer Minister auf Parlamentarier der Regierungskoalition bezeichnete, um diese während der Abstimmung über den Untersuchungsbericht – genannt „SENAME II“ – Anfang Juli „bei der Stange zu halten“, und die für den Schutz von Minderjährigen zuständige, ehemalige, christdemokratische Justizministerin Javiera Blanco gegen Angriffe „zu panzern“. Einzelne Medien hatten an die abfälligen Worte – „stock and flow“ – der gegenwärtigen Angehörigen des Rates für den Staatsschutz (CDE) erinnert, womit die Politikerin einst tausende schutzbedürftige Kinder und Jugendliche Chiles zu kalten „Lagerbeständen“ erklärte.

Noch schamloser versuchte die konservative Opposition zu intervenieren. Ihre Führer drängten darauf, die Zeitspanne 2014-2017 – die Regierungsjahre Sebastián Piñeras – aus dem Bericht zu entfernen. Allerdings wurden in dem Untersuchungsbericht die Personaldaten der ehemals zuständigen SENAME-Geschäftsführerinnen Marcela Labraña und Solange Huerta sowie die Namen der Ihnen hierarchisch übergeordneten, ehemaligen Justizminister José Antonio Gómez und Javiera Blanco gelöscht. Das Kalkül ist klar: die Verantwortlichen versuchen sich in die Straflosigkeit hinüber zu retten.

Obwohl die Untersuchung eine dramatische Bilanz gezogen und einen Katalog mit Sofortmaßnahmen empfohlen hatte, wurde der arg verstümmelte Text schließlich mit 47 gegen 36 Stimmen und 13 Enthaltungen abgelehnt.

Zwar empfiehlt der Bericht eine Wahrheitskommission zur lückenlosen Bestandsaufnahme des Kinder-Massentodes, wie es die Soziologin Eda Cleary fordert, erteilte jedoch den zumeist ärmlichen und rechtlich ungeschützten Opfer-Angehörigen einen Wink mit dem Zaunspfahl: Reparations-Ansprüche seien von vornherein ausgeschlossen. 

Heimkinder in Chile

          Längst bekannte, seit Jahren verschleppte UNICEFF-Diagnose
Als unwidersprochenen, scharfen Tadel mussten allerdings die Regierungen Sebastián Piñera und Michelle Bachelet hinnehmen, dass sie im vergangenen Jahrzehnt wiederholt wegen der skandalösen Zustände im SENAME alarmiert worden, doch untätig geblieben seien. Der Alarm wurde zum ersten Mal ausgelöst, als 2013 die sogenannte “Kommission Jeldres” – ein 0,5 Millionen Euro teures Untersuchungsprojekt des Kinderwerks der Vereinten Nationen (UNICEF) in Zusammenarbeit mit der chilenischen Justiz, koordiniert von der Richterin Mónica Jeldres – ihren Abschlussbericht zur Lage der chilenischen Heimkinder vorlegte.
    Von welchen Kindern ist die Rede?
Es handelt sich um Kinder und Jugendliche, die sogenannten „zerrütteten“ und armen Familienverhältnissen entstammen, die verlassen wurden oder als Opfer von Gewaltanwendung und sexuellen Missbrauchs gelten und in zahlreichen Fällen unter starken emotionalen Entzugserscheinungen, Depressionen, Traumata und körperlichen Beschwerden leiden, deshalb ordentlich ernährt, geborgen und der Schulausbildung zugeführt werden müssen.
    Der Jeldres-Bericht war ein Schlag gegen die Kinderfürsorge-Politik der Regierung Piñera und des ersten Präsidentschaftsmandats (2006-2010) seiner Vorgängerin Michelle Bachelet. Als erstes bescheinigte Jeldres dem chilenischen Staat, dass er überhaupt nicht wisse, wie viele Kinder in seiner Obhut sind. Vier Jahre später soll es sich nach ungenauen Schätzungen um 15.000 schutzbedürftige Kinder und Jugendliche handeln.
    Jeldres und ihre Mitarbeiter gingen rigoros vor. Sie untersuchten die Zustände des staatlichen SENAME und der von ihm subventionierten, privaten Kinderheime in 10 Regionen des über 4.000 Kilometer langgestreckten Chile. Dazu gehörten offene, halb geschlossene und geschlossene Einrichtungen für straffällig gewordene Minderjährige. Die Arbeitsgruppe verteilte Fragebögen an die Verwaltungen, dokumentierte den Zustand der Heime und Anstalten und führte repräsentative Interviews mit 384 Jungen und Mädchen unterschiedlichen Alters in 60 verschiedenen Unterkünften durch, in denen Kleinkinder ab 2 Jahren verantwortungslos mit Jugendlichen zusammengewürfelt und ihrem Schicksal überlassen werden.
    Die Schreckensbilanz: 6.500 Kinder seien einem extrem hohen Risiko ausgesetzt. Zu den Mängeln der Betreuung zählte die Studie unqualifiziertes, zum Teil illegal beschäftigtes Personal, katastrophale hygienische Zustände in den Unterkünften, Vetternwirtschaft, mangelnde Finanzierung auf der einen, Mittelveruntreuung auf der anderen Seite (selbst durch subventionierte Stadtverwaltungen), und vor allem, Vertuschung dieser Zustände. Zu den alarmierenden Risiken der Kinder gehörten nichtbehandelte Erkrankungen, Verwahrlosung, Gewalttätigkeit und weitverbreiteter sexueller Missbrauch durch ältere Heimkameraden und Heimleiter.
    Das unabhängige Zentrum für investigativen Journalismus (CIPER), prangerte an:

„Der Begriff ´hohes Risiko´ könnte leicht als leere Phrase missdeutet werden, doch einige der im Bericht beschriebenen Fälle lassen keinen Zweifel an dem Desaster. Ein 9 Jahre altes Mädchen behauptet, von einem Erwachsenen in einem Heim von Valparaiso sexuell missbraucht worden zu sein. Alle in einem Heim von Quillota befragten Kinder bestätigten, dass die Isolierung als Methode der Bestrafung verwendet wird. Eine 12-Jährige klagte einen Erzieher in San Antonio an, der physische und psychische Gewalt anwendet. Eine andere 12-Jährige erzählt von einem Kind, das von Heimleitern und Kameraden geschlagen und sexuell missbraucht wird. Alle Mädchen, die die Fragebögen beantworteten, berichteten von sexuellem Missbrauch durch Erzieher eines Heims in Villa Alemana. Ein 12-jähriger Junge behauptet, ein häufiges Opfer von sexuellem Missbrauch durch einen Erwachsenen im Heim von Cauquenes zu sein. Und so geschieht es in Hunderten von Fällen…“

(„Niños protegidos por el Estado: los estremecedores informes que el Poder Judicial mantiene ocultos – Vom Staat geschützte Kinder: die abscheulichen Berichte die die Justiz verheimlicht“ – CIPER, 04.07.2013)
    Wie geplant wurde der Jeldres-Bericht Richter Héctor Carreño vom Obersten Gerichtshof mit der Erwartung ausgehändigt, das Hohe Gericht werde nun beim SENAME „aufräumen“. Doch was war die Folge? Es passierte nichts.
    Als nun empörte Menschenrechtsorganisationen den Bericht verbreiteten und Konsequenzen forderten, setzte die Abgeordnetenkammer das Thema auf ihre Tagesordnung. So kam es 2014 zur Bildung der ersten parlamentarischen Untersuchungskommission zur Lage der chilenischen Heimkinder, genannt SENAME I.

Outsourcing: der kaltblütige Kommerz mit Kinderschicksalen
Trotz Jeldres-Bericht und den parlamentarischen Empfehlungen von SENAME I passierte drei Jahre lang wieder nichts.
    Ende 2016 wurde das Parlament von einem unerwarteten Bekenntnis der SENAME-Leitung aufgerüttelt. In Wahrheit seien nicht, wie anfangs geschätzt, 185, dann 500, sondern insgesamt 1.313 Kinder und Jugendliche in staatlichen und privaten Heimen umgekommen. Das war das Signal für die Untersuchungsausschuss SENAME II.
    Ausschuss-Mitglied René Saffirio, der als versierter Experte der Kinderschutz-Politik des Parlaments gilt, machte das Finanzierungs- und Verwaltungsmodell des SENAME für den Kinder-Massentod verantwortlich; insbesondere einen promisken Filz zwischen Staatsverwaltung und amtierenden Politikern in der Christdemokratischen Partei, die er wegen ihrer Interessenskonflikte und Korruption vor Jahren verlassen hat.
    Der unabhängige Politiker durchforstete die Buchhaltung. Allein im ersten Halbjahr 2016, só Saffirio, seien umgerechnet 106,3 Millionen Euro vom chilenischen Staat an 387 private, sogenannte Kinderfürsorge-Organisationen verteilt worden, von denen jedoch eine kleine Gruppe von 15 Großempfängern 53 Prozent der Subventionsmittel kassiert hätten.
    „Es besteht ein Netzwerk von Parteien und Institutionen, die den Kern der Tragödie bilden!“, klagte Saffirio unverblümt in einer Fernsehdebatte vom 10. Juli auf CNN und Chilevisión an. Und gab noch einen drauf: „Der SENAME ist wie eine Landparzelle, die den Christdemokraten zugeschanzt wurde, und sie leisten schlechte Arbeit.“
    Senator Patricio Walker drohte Saffirio mit einer Diffamierungsklage, weil der furchtlose Abgeordnete seinem Bruder Tomás Walker als privaten Kinderheim-Betreiber und Nutznießer von millionenschweren Subventionen einen naheliegenden Interessenskonflikt bescheinigte. Senator Walker ist nämlich zufällig Mitglied des Senatsausschusses für Kinder- und Jugendliche-Politik und nur die Spitze des Eisbergs weitverbreiteter Promiskuität zwischen Parteien, Wirtschaft und dem Staat.

                 Die Zuschüsse und kriminelle Handlungen der Kirche
Saffirio empörte sich besonders darüber, dass der SENAME-II-Ausschuss jede Debatte über die Kinderheim-Finanzierung verweigerte, und ersparte während seiner Medienauftritte auch der katholischen Kirchenhierarchie keine schweren Belastungen.
    Santiagos Erzbischof Ricardo Ezzati wurde 2013 bereits zur Aussage vor dem SENAME-I-Ausschuss gezwungen, nachdem der Jeldres-Report nachgewiesen hatte, dass zwischen 40 und 45 Prozent der Heimkinder in subventionierten Unterkünften der Kirche sexuell missbraucht werden; darunter auch Heime des deutschen Schönstatt-Ordens, wie der im pfälzischen Vallendar straflos genießende Ex-Bischof Cox Huneeus.
    Weil er es gewagt hatte, den Würdenträger Ezzati vorzuladen, war der Abgeordnete Saffirio seitdem in katholischen Kreisen verhasst. Das hinderte ihn nicht daran, Ezzati jetzt als unverschämten „Lobbyisten“ zu bezeichnen, der sich an den armen Heimkindern „gesundstoße“. In den vergangenen Jahren habe der Bischof es verstanden, insbesondere bei den Christdemokraten und den ehemaligen Pinochet-Anhängern von Chile Vamos als geübter Lobbyist aufzutreten.
    Saffirio nennt beachtliche Summen für ein Land wie Chile: Umgerechnet 5 Millionen Euro habe die katholische Kirche Anfang 2016 als staatliche Subventionen für ihre Kinderheime erhalten. Doch „Ezzati hat niemals ein Wort über die sexuellen Übergriffe innerhalb der Kirche oder über die Tötung innerhalb des SENAME verloren. Das Einzige, was er gut versteht, ist, sich über die angeblich niedrigen Subventionen zu beschweren…”. Mit dieser Attacke, hat sich Saffirio Feinde auf Lebenszeit besorgt.
    Die Beschimpfung, die von einer Gruppe auf Facebook publik gemacht wurde, ist nicht an den Haaren herbeigezogen: „Der SENAME ist das chilenische Kinderbordell der Katholischen Kirche“.
    Ezzatis Vorgänger, der heute amtierende Kardinal Santiagos, Francisco Javier Errázuriz, fand Anfang des neuen Jahrtausends distinguierte Worte für Bischof Huneeus feige Ausschweifungen. “Unangemessenes Verhalten mit Minderjährigen”, bezeichnete der Würdenträger den als unheilbar beschriebenen, kriminellen Habitus des Kollegen.

     So lässt sich gut leben. Mit der Demütigung armer Kinder und dem  
  finanziellen Segen des Staates. Gott, der Ahnungslose, drückt ja immer
   ein Auge zu…

         

 

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© Klaus Ulrich Spiegel