Singen & Stimme

 

Wichtigster Faktor der Stimmbildung ist der Atem. Die Luft verleiht der Stimme den Klang. Das Einatmen ist die Voraussetzung, das Ausatmen die Grundlage des Singens. Je mehr Luft eingeatmet wird, um so mehr davon kann zur Bildung des Tons verwendet werden.

Die Luft soll die Lungen füllen: Wer richtig und umfassend atmet, kann auch singen. Der Atem muss durch Übung (Atemgymnastik) trainiert werden. Die vollen Lungen wirken auf das Zwerchfell (Diaphragma). Dieses ist ein Muskel, der dem Körper Kraft, den Nerven Ruhe, dem Willen Festigkeit verleiht. Ihn zu beherrschen, erfordert Technik und Übung.

Das Zwerchfell wirkt als Stütze für den Atem. Mit seiner Hilfe kann die Ausatmung graduiert und dosiert werden. Meister professionellen Gesangs beherrschen diese Fähigkeit bis zur Virtuosität.

Der Klang entsteht, wenn die ausströmende Luft ein kleines Organ des Halses in Schwingungen versetzt: Die Stimmbänder. Diese schwingen je nach Tonlage (= Klanghöhe) verschieden: von 80 bis 350 (beim Bass) und 240 bis 1000 (beim Sopran) Schwingungen pro Sekunde. Die Anatomie des Sängers entscheidet also über seine Stimmlage. Diese kann durch Übung und Training erweitert werden, wenngleich nicht grundlegend verändert werden.

Die ausgebildete Gesangsstimme umfasst — unabhängig von der Stimmlage — in der Regel zwei bis zweieinhalb Oktaven. Ausnahmen mit bis zu oder über drei Oktaven gelten als Stimmwunder.

Der durch die Stimmbänder erzeugte Ton muss mit Hilfe der Resonanz verstärkt und moduliert werden. Als Resonanzkörper (= Klangverstärker) dienen die Resonanzräume: Hals-/Nasen-/Rachenraum, der Brustkorb, bei Meistern auch die Hohlräume des Kopfes, gelegentlich der ganze Körper. Je mehr Organe mitklingen, desto obertonreicher der Klang — desto schöner und tragender auch die Stimme.

Richtig geführt, gestützt und resonanzverstärkt, kann also das Schwingen millimetergroßer Stimmbänder ein riesiges Theater mit Klang erfüllen und ein Orchester mit über 100 Musikern übertönen.

Die Gesangskunst setzt diese Apparatur nicht nur bewusst und gezielt ein, sie integriert auch die unterschiedlichen Tonhöhen, Klangfarben (Timbre) und artikulierten Sprachelemente (Worte) zu einer ausgeglichenen, dynamischen Einheit. Aus dem Instrument des Sängers erwächst so die Kunst des Singens. Ihr Grund- und Hauptelement ist das Legato: die ausgeglichene, einheitliche Tonproduktion in einer verbundenen, geschlossenen, ruhig strömenden Gesangs-Linie.

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© Klaus Ulrich Spiegel