Musikales Lustspiel in drei Aufzügen
nach Carlo Goldoni von Luigi Sugana
Deutsche Fassung von Hermann Teibler (1903 München)
Studioproduktion des Südfunks Stuttgart
r. 1950 Stuttgart
Leitung: Hans Müller-Kray
Ottavio, reicher Venezianer | Walter Hagner |
Beatrice, seine Gattin | Hetty Plümacher |
Rosaura, beider Tochter | Margot Guilleaume |
Florindo, deren Verlobter | Christo Bajew |
Pantalone, Kaufmann | Engelbert Czubok |
Leandro, Pantalones Freund | Stefan Schwer |
Lelio, Pantalones Freund | Gerhard Hüsch |
Eleonore, seine Gattin | Fritzi Göhrum |
Colombina, Beatrices Zofe | Hanna Clauss |
Arlecchino, Pantalones Diener | Benno Kusche |
Südfunk-Chor
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart
Verbannt sind die Frauen. — Unter Führung des wohlhabenden Pantalone haben dessen Freunde einen Herrenclub gegründet. In dessen Clubhaus, einem Casino,
haben nur Männer Zutritt. Sie lassen es sich gut gehen — bei Speise und Trank, Spielen, Rauchen, Diskutieren. Ihre Parole lautet Amicizia
(Freundschaft). Ihre Frauen und Töchter möchten allzu
gern erfahren, was ihre Mannsbilder im verschlossenen ambiente treiben. Das steigert das Behagen der Clubmitglieder. Jeder von ihnen hat einen Schlüssel, mit dem nur ihm allein Zutritt zum Clubhaus
möglich ist.
Derweil versuchen im Hause des Ottavio dessen Beatrice, mit Tochter Rosaura und Freundin Eleonora das Geheimnis der Männer aufzuklären. Sie nehmen Pantalones Diener Arlecchino ins Gebet, können aber
nichts herausfinden. Immerhin erfahren sie von der Losung und den exklusiven Schlüsseln.
Ich bring’s heraus! — Lelios Gattin Eleonora ist nahezu besessen von dem Wunsch, ihrem Mann seinen Schlüssel abzulisten. Sie findet ihn schließlich in der Rocktasche ihres Mannes. Auch im Haushalt Ottavios wird nach dessen Schlüssel geforscht, doch dieser behält sein Jackett an. Die listige Colombina täuscht eine Unachtsamkeit vor, schüttet Kaffee über Ottavios Kleidung und kann so das begehrte Objekt gegen den Kellerschlüssel tauschen. Rosaura gelingt es, von ihrem Verlobten Florindo, der auch Clubmitglied ist, dessen Schlüssel zu erlangen, indem sie ihm mit heiligem Schwur die Lösung der Verlobung androht.
Amicizia! Amicizia! — Mit den erlisteten Schlüsseln treffen sich die Damen nun beim Clubhaus. Als ihnen der Diener Arlecchino entgegentritt, lässt Eleonora im Weglaufen ihren Schlüssel fallen. Der plötzlich einkehrende Pantalone erkennt die verkleidete Colombina und entreißt ihr den zweiten Schlüssel. Verdutzt hält er nun drei Schlüssel in Händen. Die zum Treffen kommenden Ottavio und Lelio müssen ohne ihre Schlüssel per Anklopfen Einlass erreichen. Florindo hat derweil der verschleiert eintreffenden Rosaura ihren Schlüssel entrissen.
Langsam wird den Freunden die Intrige ihrer neugierigen Frauen klar. Diese stoßen vor dem Eingang auf Arlecchino und versuchen ihn zur Öffnung der Türen zu bewegen, nötigen ihn schließlich zum
Nachgeben. Im Innern des Clubhauses können sie durch eine Glastür nun das Tun ihrer Männer beobachten — und sind nahezu enttäuscht, ein wenig auch verschämt ob der Harmlosigkeit der Geschehnisse. Die
Damen erkennen, wie übertrieben ihr Misstrauen, die Herren, wie absonderlich ihre frauenabweisende Exklusivität gewesen ist. Alle verzeihen einander. Unter dem Ruf Amicizia!
wird gemeinsam
Versöhnung gefeiert.
Wer ihn entdeckt, betritt eine Welt der Wunderbarkeiten, in der offenbar Fremdes und anscheinend längst Gekanntes einander begegnen und spannungsvoll verbinden. Ermanno Wolf-Ferraris alleinständiges kompositorisches Lebenswerk integriert Formen und Stile, die historisierten Epochen und unterschiedlichen Kulturen zu entstammen scheinen. Ihre Gegensätzlichkeiten entfalten sich, erheben sich zu innovativer Kraft und Originalität.
In dem so anrührenden wie animativen Werk des weltmännischen, doch im Auftritt stets unpreziösen Tonschöpfers sah Alexander Berrsche letzte Sendboten des 18. Jahrhunderts
,
Herzenshöflichkeit
, geisterfüllte Heiterkeit
, urbane Haltung eines wahren Meisters
, der nicht von den Trends seiner Zeit beeinflusst schien. Eines originären Künstlers, der sich
seine Kategorien selbst erschuf und nur an ihnen gemessen zu werden verdient.
Der Dirigent Franz von Hoesslin (lt. Le Courier Musicale einer der größten Meister des Taktstocks neben Toscanini
) sah ihn als eine Erscheinung
ohne Prämissen nach außen, mit höchsten Anforderungen an sich selbst — eng verbunden mit der klassischen und romantischen Tradition
. Der Dirigent Karl Böhm schrieb ihm südländische Grazie und
nordisch grüblerische Tiefe
zu und attestierte selbst erworbene Befreiung vom Wagner-Epigonismus wie von grobsinnlichem Verismus
. Der Komponist und Pultstar Felix Weingartner bewertete
Wolf-Ferraris Musik als bewunderungswürdig, so natürlich wie geistvoll
. Sein Kollege Clemens Krauss zollte höchste Bewunderung und aufrichtige Liebe dem Natürlichen und Echten seines
Einfalls wie der Reinheit seiner Kunstauffassung
. Der große alte Leo Blech, feinsinniger Komponist und Dirigentenlegende, nennt den Kollegen einen von den Stillen im Lande
, dessen Werk um
so spektakulärere Zukunft gewinnen werde: Ein persönliches Wort an Wolf-Ferrari kann nur eine Liebeserklärung werden
.
Dem so Gepriesenen müsste ein Stellenwert im Repertoire der Opernbühnen zukommen, wie er Zeitgenossen Richard Strauss gesichert ist. In seinem Werk treffen sich nicht nur, wie häufig bemerkt wird:
deutsche und italienische Art
. Sein Schaffen hat zugleich den Zug zu Ausdrucksformen einer europäischen musikalischen Kultur, die das Erbe von Jahrhunderten zu umgreifen scheint: In
lebenszugewandter Melodik, geistvoll belebter Rhythmik, fast improvisatorisch anmutender Orchesterführung und klangbewusster Instrumentationskunst. In Wolf-Ferraris meisterlicher Stilsprache sind
Rezitativisches und Kantilenisches passaggiohaft integriert. Ausdrucksnuancen und Lautmalereien vermögen jede Regung von Gefühl und Geschehen zu evozieren: feinen Humor, extrovertierte Brillanz,
edlen Herzenston, unsentimentale Lakonik, ironische Brechung, burleske Komik — in souveräner Pointensetzung wie in strömender Pathosfülle. Ein Erzähler in Tönen, der Komödie wie Romanze oder Elegie
meisterlich darzustellen wusste.
Wolf-Ferrari kam am 12. Januar 1876 unter dem Namen Hermann Friedrich Wolf in Venedig zur Welt, Sohn des Malers August Wolf aus Weinheim und der Venezianerin Emilia Ferrari. Ihren Geburtsnamen fügte er seinem Nachnamen ab 1895 hinzu. Der Vater gehörte zum Künstler- und Architektenkreis um Kaulbach, Schack, Carolsfeld, Lenbach und Seidl. Die Mutter entstammte musikbegeisterten Bürgerkreisen der Serenissima. Der Sohn sah sich als Zeuge zweier Kulturen und Temperamente.
Sein Lebensgefühl führte ihn von Kindheit an zur Kunst, er erhielt früh Klavierunterricht, studierte aber zunächst Malerei an der Accademia delle Belle Arti in Rom. Mannigfache Rezeptionserfahrungen aber zogen ihn immer stärker zur Musik. Von 1893 an besuchte er die Akademie der Tonkunst in München, war Meisterschüler von Joseph Rheinberger. Erste Opernerlebnisse in Venedig, München und Bayreuth beeinflussten sein künstlerisches Werden: Rossinis Barbiere, dann Wagners Tristan, Parsifal, Meistersinger.
Ohne akademischen Abschluss kehrte der Musiker 1895 nach Venedig zurück, studierte weiter, übernahm schließlich in Festanstellung die Leitung eines deutschen Chors in Milano. Dort begegnete er dem Komponisten Arrigo Boitò und dem Verleger Giulio Ricordi. Erste Kompositionen, darunter zwei Opernversuche, dann eine Oper Cenerentola, stießen auf wenig Resonanz. Bei Ricordi erscheinen Chöre, Kantaten, Oratorien, dazu Kammermusiken (Violinsonaten, Trio, Quintett) und Klavierstücke.
Zur Jahrhundertwende zog der Komponist wieder nach München. Er entfaltete eine lebhafte Schaffensphase, bewusst der deutschen romantischen Tradition von Mendelssohn, Schumann, Brahms folgend. Nun stellten sich Ermutigungen ein, nach einem triumphalen Erfolg der in Italien durchgefallenen Cenerentola 1902 in Bremen vor allem für zwei große Orchesterwerke: die Sinfonia da camera op.8 und die Kantate La vita nuova op.9 nach Dantes Commedia divina (beide 1901).
In Deutschland wurde Wolf-Ferrari bekannt und berühmt. Dennoch wandte er sich Genres und Sujets italienischer Prägung zu, die heute seine Position in der Musikhistorie begründen, namentlich die
Wiederbelebung der Opera buffa, animiert durch die unsterblichen Komödien des Venezianers Carlo Goldoni — in den Erfolgsopern Le donne curiose (Die
neugierigen Frauen), I quattro rusteghi (Die vier Grobiane), uraufgeführt 1903 und 1906, beide allerdings zuerst in deutschen Fassungen in München. Ihnen
folgte 1909 die sehr bekannt gewordene, als Intermezzo
bezeichnete kleine Musikkomödie für zwei Stimmen: Il segreto di Susanna (Susannens Geheimnis),
ein musikalisches Kabinettstück, wieder in deutscher Fassung in München uraufgeführt.
Die enorme Resonanz trug dem Komponisten die Direktion des Liceo Musicale in Venedig ein, der er 1909 entsagte, um sich allein dem Komponieren zu verschreiben. Im Liceo erarbeitete er mit Gesangseleven kleine Buffa-Werke aus dem stilistischen Umfeld Rossinis, so von Galuppi, Pergolesi, Cimarosa. Auch die Susanna hatte er zunächst für die kleine Bühne des Liceo entworfen.
Seit 1909 hatte Wolf-Ferrari seinen Hauptwohnsitz wieder in München, seit 1926 im Vorort Ottobrunn, seit 1931 im eigenen Tusculum in Krailling-Planegg. Mit Münchens bedeutenden Künstlern und Musikern der Zeit stand er in regem Austausch. Unterdessen komponierte er Orchesterwerke, Konzerte, reichlich Kammermusik, Lieder, 1939 nochmals ein großes Chorwerk: La passione op.21.
Für seinen Nachruhm entscheidend waren aber seine Opernprojekte, darunter weitere maßstäbliche Musikkomödien, die wie ihre Vorgänger durch meisterliche Adaption der Buffa-Formen des 18. Jahrhunderts in eigenständiger Entwicklung und Formung mit unverwechselbarer Tonsprache brillieren: L’amore medico (Der Liebhaber als Arzt) nach Molière (1911), Gli amanti sposi (Das Liebesband / 1925), La vedova scaltra (Die schalkhafte Witwe / 1931), Il campiello (Das Plätzchen) wieder nach Goldoni (1936), La dama boba (Das dumme Mädchen / 1939).
Doch hochdramatische und tragische Stoffe fehlen in Wolf-Ferraris Opernschaffen keineswegs. 1911 kam ein ganz dem Verismo nachstrebendes, zugleich sentimental durchwirktes Stück I gioielli della madonna (Der Schmuck der Madonna) heraus, an das man durch die bleibende Präsenz eines Orchester-Intermezzos bis heute erinnert wird. 1927 fand in
München unter Knappertsbuschs Leitung die Uraufführung der Legende
untertitelten Oper Das Himmelskleid (La veste di cielo), statt. Schließlich
erschien die Shakespeare-Oper Sly oder die Legende vom erweckten Schläfer, effektvoll zwischen Dramma lirico und spätromantischem Musikdrama angelegt. Der
Sly ist seit den 1980er Jahren als Bühnenreißer wiederentdeckt, durch Tenorstars wie Domingo, Carreras, Alagna fast zu Popularität gelangt und an Weltbühnen
repertoirefähig geworden.
Während der Kriegsjahre war Wolf-Ferrari nach Zürich übersiedelt. In den 1930er Jahren wandte er sich verstärkt der Instrumentalmusik zu; sein Violinkonzert erreichte Bekanntheit. Den Kompositionen seiner späteren Jahre wird eine vor allem melodische und damit nachromantische Tonsprache attestiert, die Erkenntnisse der neueren Musikentwicklung aufgriff, aber nicht den zeitgenössischen Strömungen der Moderne folgte. 1931 schuf er als Auftragsarbeit für die Münchner Oper eine von Secco-Rezitativen gereinigte durchkomponierte Neufassung von Mozarts Seria Idomeneo.
1939 wurde Wolf-Ferrari als Professor für Kompositionslehre ans Mozarteum in Salzburg berufen. Er empfand Widerwillen gegen den deutschen und italienischen Faschismus, noch mehr gegen den erneuten Weltkrieg, in dem sein Münchner Haus zerstört wurde. Er ging zurück in die Schweiz, nach Kriegsende in seine Geburtsstadt Venedig. Dort starb er 1948. Sein Grab liegt auf der Friedhofsinsel San Michele. Sein Vermächtnis ist vielgestaltig, eigenständig, umfassend — und immer wieder neu zu entdecken. Er war der vielleicht wichtigste Individualist unter den Opernschöpfern des 20. Jahrhunderts.
Das leichtfüßige, burleske Kammerspiel Die neugierigen Frauen (Le Donne curiose) war die erste Adaption Wolf-Ferraris nach einem der populären venezianischen Lustspiele Carlo Goldonis (1707 ‑ 1793) — ihm sollten vier weitere folgen. Vom ersten Ton an kennzeichnet es den eigenständigen Genius des schöpferischen Solitärs. Von der Fachkritik wird ihm witzig-sprühende rhythmische Lebendigkeit und zauberhaft-lyrische, blühende Melodik attestiert, in der sich die kreative Phantasie des Komponisten ebenso offenbart wie sein schier grenzenloser Erfindungsreichtum.
In der Tat schließt die so pointierte wie virtuose kompositorische Umsetzung der Textvorlage — einer reduzierten Einrichtung durch den Bühnenautor Graf Luigi Sugana — direkt an die Repräsentanten der Wiener Klassik wie Haydn und Mozart an, greift die brillante Instrumentationskunst der Maestri dell’Opera buffa auf. Dem Erneuerer der italienischen Spielkomödie folgt in seinen Goldoni-Vertonungen der Erneuerer der Musikalischen Komödie schlechthin, dessen Harmonik auf Wagners Meistersinger weist und zugleich Vorgriffe auf den späteren Rosenkavalier des Richard Strauss zu setzen weiß.
Das lokale Kolorit wird durch Motive venezianischer Volksweisen eingebracht. Die Reverenz an Wagner kommt in Erinnerungsmotiven zum Ausdruck — so in der Eröffnungs- und Schlusspassage des Werks,
die zugleich das zentrale Motivzitat Verbannt sind die Frauen
ausbreitet. Der fein-komische Dialog ist in geschliffenem Parlandostil komponiert, der bewusst an das Secco-Recitativo
der traditionellen Buffa erinnert. Darin eingewoben erblühen cantable Sologesänge und akzentuieren kompakte Ensembles. Die musikalische Struktur ist immer filigran und transparent; sie coloriert mit
duftigen, dann wieder prallen Farben. Die beschwingte Leichtigkeit des Gesamteindrucks erwächst auch aus dem Verzicht auf Chöre und aus der kammermusikalischen Besetzung des Orchesterparts.
Das Werk ist eine italienische Comedia di musica — und eine Krönung der deutschen Spieloper. Es wurde am 27.11.1903 in der deutschen Version von Hermann Teibler im Münchner Cuvilliéstheater uraufgeführt. Spätestens nach der Berliner Erstaufführung unter Leitung von Hans Pfitzner trat es einen Siegszug über die Weltbühnen an, der sich in den Folgewerken bestätigte.
Betrachtet man das virtuos zwischen Belcanto und Moderne changierende, aufbruchsfrische und doch einer großen Tradition verpflichtete Stück in musikhistorischen Kontexten, hat man die Wahl: Handelt es sich um die Neubegründung eines unter Musikdrama und Verismo nahezu erstorbenen Genres — oder um dessen kulminatorischen Schlusspunkt? Wie auch immer: Die neugierigen Frauen sind ein erstes Meisterstück in einer Folge musikalischer Komödien, die eine so eigenständige wie meisterliche Repertoire-Kategorie bilden können. Sie gehören ins Standardrepertoire wie die Buffa und die Spieloper. Stattdessen werden sie eher einem Raritätenkabinett des Spielbetriebs zugeordnet. Das ist kaum verständlich und auch nicht akzeptabel. So sind die Wiederbegegnungen mit maßstäblichen Produktionen aus der legendären Ära der Rundfunkproduktionen (so mit der BR-Einspielung 1950 Die vier Grobiane / HAG 39334) von höchstem Repertoirewert, nicht nur für Sammler.
Aus der Schatzkammer einer Ära voller Großtaten
Hans Müller-Kray (∗ 1908 ‑ † 1969) war das jüngste von 14 Kindern des Kohleplatzmeisters Karl Müller, der nebenamtlich das Knappenmusikkorps der Zeche Bonifacius in Essen-Kray dirigierte. Er lernte noch während seiner Schulzeit Klavier- und Cellospiel, studierte dann an der Folkwangschule Komposition und Theorie. Sein erstes Engagement erhielt er 1932 am Stadttheater Essen als Korrepetitor, u. a. mit einem Auftritt als Pianist des Balletts Der Grüne Tisch 1933/34. Von 1934 bis 1941 war er Erster Kapellmeister am Opernhaus Münster (Westfalen), ab Mai 1942 Chefkapellmeister am Reichssender Frankfurt/M. Vom Kriegsende bis 1948 wirkte er als Erster Kapellmeister am Staatstheater Wiesbaden. 1948 wurde er als Leiter der Hauptabteilung Musik und Chefdirigent des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart an den Süddeutschen Rundfunk verpflichtet. In dieser Doppelfunktion war er bis zu seinem plötzlichen Tod aktiv. Er widmete sich vor allem Werken der neueren Musik, die während der Zeit der NS-Kulturpolitik in Deutschland verpönt gewesen waren. Und er beschäftigte sich umfassend mit der Oper. Es entstanden über 30 Radio-Gesamteinspielungen. Hans Müller-Kray, der 1955 den Namen seines Geburtsortes Essen-Kray annahm, wurden 1961 durch das Land Baden-Württemberg die Titel Professor und Generalmusikdirektor verliehen. Im Frühjahr 1969 verstarb er an seinem Arbeitsplatz im Stuttgarter Funkhaus an plötzlichem Herzversagen.
Walter Hagner (∗ 1900 ‑ † 1987). Markanter Basso serioso e comico. Nach 25 Jahren Laufbahn an deutschen Opernbühnen seit Kriegsende an der WüStO, International als Gast (vor allem mit Wagner) gefragt. Auch erfolgreicher Konzertsänger 1946 bis 1961.
Hetty Plümacher (∗ 1919 ‑ † 2005) Ks / Universaler lyrischer Mezzo und Spielalt. Seit Kriegsende an der WüStO. Komödiantin und Charaktersängerin in allen Genres und Stilen mit einem Spektrum von Monteverdi bis Egk. Europaweite Gastspiele. Mitwirkende der Festspiele von Bayreuth, Salzburg, Schwetzingen. Gefragte Konzertsängerin. Später Pädagogin an der Musikhochschule Stuttgart und am Salzburger Mozarteum 1946 bis 1977.
Margot Guilleaume (∗ 1910 ‑ † 2004) International geschätzter Soprano lirico in Oper, Oratorium, Lied, hoch angesehen als Hochschullehrerin. Ausgebildet am Vogt’schen Konservatorium in Hamburg, seit 1931 Choristin an der Hamburger Schilleroper, ab 1933 am Opernhaus Lübeck. 1934 Bayreuther Festspielchor, dann in kleinen Solopartien an der Hamburgischen Staatsoper. Nach einem Einspringen als Mozarts Königin der Nacht 1937 für große Partien am Theater Göttingen. Über Wilhelmshaven und Oldenburg wieder ans Hamburger Haus, dort als Lirica und Coloratrice. Viele Rundfunksendungen. Seit den 1940ern Schallplatten bei DG und Polydor. Lied- und Konzertsängerin in ganz Europa. Seit 1950 Pädagogin an der Hamburger Musikhochschule.
Christo Bajew (∗ 1922 ‑ † 1983) aus Nord-Bulgarien studierte Theologie, sang im Kirchenchor von Dobromirka. Graf Molny von der Berliner Tobis brachte ihn an die Musikhochschule Dresden. Debüt als Eleve an der Dresdner Semper-Oper, dann Auftritte in Wiesbaden und München. Seit 1949 langfristiges Engagement am Opernhaus Koblenz. Gast an vielen Bühnen Westdeutschlands und einer der führenden Rundfunktenöre, beim Südfunk in eher dramatischen Opernpartien, beim WDR, NDR, HR meist als Operettenheld. Rd. zwei Dutzend Gesamteinspielungen. Bajew war wegen seiner untersetzten Gestalt nicht das Bühnenideal eines Tenorliebhabers, hatte aber den Glanz eines echten Spinto. Repertoire vom Lirico übers Zwischenfach bis zum Charaktersänger. Radio-Aufnahmen von Aida bis Palestrina. Beim deutschen Publikum vorrangig als Operettenstar in Erinnerung.
Engelbert Czubok (∗ 1902 ‑ † 1967) Der dominante Bariton für ein universelles Repertoire an der WüStO. Dreieinhalb Jahrzehnte lang im Mittelpunkt des Ensembles, mit einem Spektrum von Papageno bis Amonasro. War von Prag und Breslau nach Stuttgart gekommen. Blieb bis weit in die Ära Schäfer-Leitner als Erstfachsänger im festen Engagement 1931 bis 1967.
Stefan Schwer (∗ 1902 ‑ † 1990). Vielseitiger Tenore Lirico-Spinto (in Stuttgart Vorgänger Eugene Tobins). Vor allem in italo-französischen Partien mit Schwerpunkt Verdi präsent. Seit den 1930ern Erstfachsänger in Berlin und Hamburg, reüssierte in Stuttgart auch im Charakterfach. Gastierte an vielen europäischen Bühnen, häufig in Wien, auch in Bayreuth. Übernahm später Kleinpartien. 1949-1978.
Gerhard Hüsch (∗ 1901 ‑ † 1984) International erfolgreicher lyrischer Bariton der Berliner Opernhäuser (ab 1930). Gerühmt auch als Liedsänger, neben Schlusnus in einer Pionierrolle in diesem Genre auf Podium und Tonträgern. Gast an Weltbühnen: London, Milano, Wien, München, Hamburg, Dresden, Stuttgart, Paris, Amsterdam bis nach Japan, bei den Festspielen in Bayreuth und Salzburg. Erster Christus in Bachs Matthäus-Passion auf Schallplatte 1937 bis 1970 Professor an der Bayerischen Musikakademie.
Hanna Clauss (∗ 1912 ‑ † 2005). Soprano leggiero mit weitgespanntem Repertoire, Schülerin der legendären Maria Ivogün. Zunächst Operetten-Soubrette in Krefeld, Hagen, Plauen. Kam kurz vor Kriegsbeginn nach Stuttgart und entfaltete hier eine Opernkarriere mit großer Resonanz, blieb aber auch Operettenstar. Sang in Uraufführungen neuer Werke von Nico Dostal. Ihr Opernspektrum reichte von Soubrettenrollen bis zur Pamina; Marenka, Frau Fluth. 1939 bis 1948.
Fritzi Göhrum war als 1. Lyrische seit Ende der 1930er Jahre Ensemblemitglied am Staatstheater Braunschweig. In den 1940ern wandelte sie ihren Festvertrag in eine freie Gasttätigkeit um, blieb dem Haus aber eng verbunden. Sie gastierte an deutschen Stadt- und Staatstheatern, auch im schwäbischen Raum. Ihre Mitwirkung als Eleonore in der SF-Radioproduktion der Neugierigen Frauen 1950 dürfte ihr einziges greifbares Tondokument sein.
KUS