Polizei – Darstellung und Erfahrbarkeit
Seit Langem fallen mir zwei immer wiederkehrende Situationen, Abläufe, Darstellungskonstanten auf, zu denen ich rundum
bei politisch informierten Freunden und Partnern nachgefragt habe, ohne dass einer mir hätte Antwort geben können.
1.
Personale Repräsentanz
Ganz gleich zu welchem Thema oder Anlass, jedenfalls in allfälligen Fragen
zu Polizeipräsenz, -strategie, rechtsstellung, -einsätzen, -ausstattungen,
-bewaffnungen, -einsatzformen, aber auch zur allgemeinen Polizei- und ("Innere") Sicherheitspolitik, von "finalem Todesschuss" und "Goßem Lausch-angriff" bis zur Vorratsdatenspeicherung, neuerdings
zur Terrorismusprä-vention und -bekämpfung, im Grunde zu sämtlichen innenpolitischen sog. "Sicherheits"-Themen, bei denen Polizei irgendwie mitberührt ist:
Immer und ausschließlich tritt als Befragter, Auskunftgeber, Stellungnehmer, Diskutant, Experte, Pressekonferenz- und
Talkshow-Gast der Vorsitzende der sog. Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), ein rechter Kanalarbeiter namens Wendt, auf und verkündet CDU/CSU-kompatible (neuerdings per Buch-Seller eher AfD-idente)
Ansichten. Er tut dies ungeachtet seiner Wahlposition - als medial universeller & ubiquitärer "Experte". Seine Exklusiv-Präsenzen auf allen Podien und Bildschirmen erfahren seit dem
Weihnachtsmarkt-Anschlag 12-2016 in Berlin noch exzessive Steigerungen, gipfelnd in einem "Sachbuch" voller
auf deutsches Verfassungsrecht zielender Gesetzesänderungs-Forderungen.
Wohlgemerkt - er tritt dort meist nicht als Sachverständiger und/oder Zuständiger in Gewerkschaftsangelegenheiten, also
Fragen von Betriebsver-tretung, Besoldung, Arbeitsplatzgestaltung, Versicherung, Sozialkonditionen, Tarifpolitik etc. auf. Sondern zu allen Themen, zu denen sich zumindest auch, wenn nicht
vorrangig, polizeiliche Führungsebenen (= Arbeit- und Weisung-geber) der Polizei zu äußern hätten oder zu Wort kommen müssten, so beim Demonstrations-, Versammlungs-, Haft- und Strafrecht, zur
Innen-. und Sicher-heitspolitik, sogar zu Verfassungs- und Grundrechtsfragen. Immer nur und exklusiv der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft.
Wieso und warum? Wie erklärt sich das? Welche Gesamt- oder Alleinver-tretungskompetenz wird diesem Herrn exklusiv
zugebilligt?
2.
Auskunfts-Objektivität
So lange meine großenteils aktive Erinnerung zurückreicht, also bis in die späteren 1950er Jahre, seit hierzulande
überhaupt öffentliche Groß- oder sogar Massendemonstrationen stattfinden, fällt mir ein stets gleich bleibender Vorgang auf: Immer wenn in offiziellen Berichten über solche Demonstrationen Teil-
nehmerzahlen genannt werden, dann weichen die Zahlenangaben von Veran-staltern, Teilnehmern, Beobachtern extrem von den für "offiziell'" (also sachver-ständig, geprüft, verbürgt, objektiv,
gesichert?) ausgegebenen, somit als maß- geblich, also als "richtig" und zutreffend vermerkten Angaben seitens der Polizei ab. Das ist nicht nur manchmal so, sondern immer, seit über 50 Jahren stets
das Gleiche.
Wenn z.B. 10.000 Demonstraten zu sehen bzw. zu zählen waren, kommt die offizielle Polizei-Mitteilung, es seien nur 3.500
gewesen. Dies ist mehr als tendenziell: die ständige Regel. So am ersten Februar-Wochenede bei den Gegendemonstrationen zur sog. Münchner "Sicherheitskonferenz". Der BR meldete stundenlang bis gegen
Mitternacht mit Berufung auf die "Angaben der Polizei", im "Gegensatz zu den Erwartungen der Veranstalter" hätten sich "nur 1000 Demonstranten" eingefunden, woraus die Sendung BR-Rundschau machte:
"Die Ablehnung der Sicherheitskonferenz blieb sehr überschaubar".
Später (und jetzt auch offiziell) gilt eine Zahl von "mehr als 4.000 Teilnehmern"
– also ein Vierfaches – als gesichert.
Natürlich wird gern der Verdacht insinuiert, dass die Veranstalter stets nach oben übertreiben, bewusst falsche =
geschönte Angaben machen, um einen scheinbaren Erfolg vorzuspiegeln, den es nicht gegeben hat. Umgekehrt möchte ich fragen: Wieso und warum stapelt die Polizei dann immmer tief, wo sie
doch ein mindestens so großes Interesse daran haben könnte & müsste, die Zahlen ihrerseits nach oben zu übertreiben, jedenfalls nicht niedriger zu setzen, da sie
so ihre Einsatzleistung bei Überlastung, Attackiertwerden, Stress, mangelnder Ausrüstung, fehlenden Mitteln und Reserven, noch dazu Überstunden, Bedrohungsgefahren, körperlichen Belastungen und dann
auch noch schlechter Bezahlung greif- und nachvollziehbar untermauern könnte? Sind die Polizei-sprecher allesamt Edelcharaktere, Wahrheitsengel? Man weiß aus Tausend Skandalen, Prozessen, Eklats,
Demo-Gewalt etc., dass das nicht so ist.
Der immer gleiche Vorgang erscheint nicht logisch, nicht glaubwürdig. Also seltsam - und angesichts der Konstanz über
Jahrzehnte in gleichen Mustern rätselhaft. Werden etwa Weisungen befolgt? Es fragt aber niemand.
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Die beiden Fragen sind wortreich gestellt und begründet. Sind sie abwegig?
Von Dutzenden befragten Gesprächspartnern, darunter auch Abgeordneten, Anwälten, Journalisten, einem Streiter vom "Darmstädter Signal", Politfunk-tionären, Gewerkschaftern sowieso, hat mir bisher
nicht einer dazu etwas Brauchbares antworten können. Ich ersuche um Feedback.
KUS
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Ein Scharfmacher und sein
Background
Weder die „Deutsche Polizeigewerkschaft“ des Herrn Wendt, noch der Bund der
Kriminalbeamten des Herrn Schulz sind im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisiert. Das bleibt in Medienberichten und bei den Namens-/Funktions-Hinweisen unter TV-Auftritten und Fernsehbildern
durchwegs unerwähnt, also unterschlagen. Die Gewerkschaft der Polizei im DGB ist um Einiges mitglieder-stärker als das CDU-Geschöpf DPolG. Wendt und Schulz sind aber „Dauergäste“ in den
öffentlich-rechtlichen Talkshows – als ‚Experten‘ zu Themen wie Terror- ismus und innere Sicherheit, während die Funktionäre der im DGB organisierten Einzelgewerkschaften dort kaum je in Erscheinung
treten können. Wendt wird seit Jahren bei breiten Bürgerschichten als der Repräsentant der deutschen Polizei
schlechthin wahrgenommen. Seit Jahreswende 2016/17 enthüllt sich nun seine gesetzwidrige bisherige Sonder-Stellung als Nassauer und auf Staats- (also Steuerzahler)-Kosten alimentierter Funktionär
ohne Berufsausübung. Das bringt einiges ins Rollen, vielleicht ein Stück Transparenz dazu. Es war höchste Zeit, dass die gleichsam als „amtlich“ dargestellte Scharfmacherei dieses Polizei-staatlers
einer Einordnung zugeführt wurde. Ob das seine ubiquitäre Öffent-lichkeitspräsenz als gesellschaftliche Realität ein wenig konkretisieren und damit ent-medialisieren helfen und – nach so vielen
Jahren der Fehlsuggestion – bei größeren Rezipientenkreisen Sichtklarheit schaffen wird? Man darf es
bezweifeln.
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PolHKom Wendt und das
Geld
Der Skandal um die staatliche Bezahlung des Vorsitzenden der
Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, zieht Kreise.
Wendt hatte vom Land Nordrhein-Westfalen das Gehalt eines Hauptkommissars erhalten, ohne als Polizist gearbeitet zu
haben. In der vergangenen Woche wurde dann nicht nur bekannt, dass der Rechtsausleger unter den Vertretern von Polizei-bediensteten jährlich 50.000 Euro für seine Aufsichtsratstätigkeit beim
Versiche-rungskonzern Axa einsteckt (was seine Organisation für eine »angemessene Vergütung« hält). Sondern auch andere Bundesländer erklärten nun, Funktionäre der DPolG sowie des Bundes Deutscher
Kriminalbeamter unbezahlt von der Arbeit freizustellen. Dass das Ziel dabei die Spaltung des Gewerkschaftslagers ist, geben
die Verantwortlichen freimütig zu.
Dem rheinland-pfälzischen Innenministerium zufolge ist der dortige DPolG-Landeschef, Benno Langenberger, seit 2015 bei vollen Bezügen von der Arbeit frei- gestellt. In Hessen werden vier
Funktionäre der »Gewerkschaft« ganz oder teilweise weiter bezahlt, obwohl sie nicht arbeiten. Gestützt wurde diese »Tradition« wie in Nordrhein-Westfalen nicht nur von der CDU – bei der
DPolG-Funktionäre üblicher- weise Mitglied sind –, sondern auch von sozialdemokratischen Ministern. Offenbar haben sie kein Problem damit, eine spalterische und zumindest in Teilen
rechts-populistische Organisation zu fördern.
Schwächung
des DGB
Ein Sprecher des Mainzer Innenministers Roger Lewentz (SPD) erklärte der Süddeutschen Zeitung (Ausgabe vom
8. März), welchen Zweck das hat: »Die Erwä- gung war, die Vielfalt der Gewerkschaften zu stärken«. Soll heißen: Die Regierung wollte die zum DGB gehörende Gewerkschaft der Polizei (GdP)
schwächen. Dort sind die meisten Polizisten organisiert, der Verband widerspricht der rechten Hetze der DPolG zumindest manchmal. Kleine Erinnerung am Rande: SPD und Union halten, wenn's passt,
gewerkschaftliche Vielfalt sonst für Teufelszeug und wollen sie mit dem Gesetz zur »Tarifeinheit« beseitigen.
Bekannt sind solche Methoden von Konzernen wie Aldi oder Siemens. Sie unter-stützten zum Beispiel die »Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger« (AUB), um ver.di oder IG
Metall aus der Firma zu drängen. Wenn derartige Praktiken vor Gericht landen, erleben die Beteiligten damit fast immer eine Bruchlandung. Denn die »Gegnerunabhängigkeit« ist ein entscheidendes
Kriterium, ob es sich bei einer Beschäftigtenorganisation tatsächlich um eine Gewerkschaft handelt. Dazu gehört, dass sie ihren Apparat und ihre Hauptamtlichen selbst finanziert. Wenn Gewerkschafter
von denen bezahlt werden, gegen die sie im Konfliktfall Beschäftig-teninteressen durchsetzen sollen, bleiben letztere in der Regel auf der Strecke.
Ein Unrechtsbewusstsein ist bei der DPolG dennoch nicht vorhanden. So stellte sich der Bundesvorstand der zum Beamtenbund gehörenden Organisation hinter den Vorsitzenden Wendt. Ihr
Landeschef in Rheinland-Pfalz, Benno Langenberger, hält es für völlig richtig, dass der Staat ihn fürs Nichtstun bezahlt. Schließlich gehöre er mehreren Personalräten an, sei in diesen aber aufgrund
der Mehrheitsverhältnisse nicht freigestellt.
Freistellung – ein
erkämpftes Recht
Die Freistellung von Betriebs- und Personalräten ist freilich etwas ganz anderes als die Finanzierung von
Gewerkschaftshauptamtlichen durch die Gegenseite. Sie ist ein von der Arbeiterbewegung erkämpftes Recht. Bei manchen führt die Freistellung in der betrieblichen Interessenvertretung dazu, dass sie
sich dem Unternehmen stärker verbunden fühlen als ihren Kolleginnen und Kollegen. Zumindest aber müssen sie sich regelmäßig zur Wahl stellen.
Zum Teil gibt es auch für die DGB-Verbände Regelungen, die eine Freistellung für Gewerkschaftsarbeit erlauben. So werden Mitglieder von deren Vorständen und Tarifkommissionen
in der Regel für diese Aufgabe vom Dienst befreit.
In wenigen Fällen gelingt es Gewerkschaften auch, die Freistellung von Vertrau-ensleuten oder Betriebsgruppenvorständen durchzusetzen. Das kann Element einer Tarifpolitik sein, die nicht
nur auf materielle Verbesserungen, sondern auch auf eine Stärkung der Klassenorganisation im Betrieb abzielt.
Etwas bedenklicher ist die Regelung in manchen Daimler-Werken, »Vertrauens-personen« des Betriebsrats für wöchentliche Sprechstunden von der Arbeit freizu-stellen. Das betrifft zwar
üblicherweise IG-Metall-Vertrauensleute und bedeutet eine Stärkung der gewerkschaftlichen Präsenz im Betrieb. Für wen die Regelung gilt, ist aber vom Votum des Betriebsrats abhängig. In der
Vergangenheit wurde einigen Vertrauensleuten in Sindelfingen, die sich kritisch zur Politik dieses Gremiums äußerten, die Freistellung entzogen. Eine solche Praxis birgt daher die Gefahr, dass
gewerkschaftliche Strukturen dem Betriebsrat untergeordnet werden.
Daniel Behruzi
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Innenminister begünstigen gelbe DPolG
Gezielte Förderung der DPolG und ihres rechten Scharfmachers Rainer Wendt: Das Innenministerium von NRW zahlte dem Vorsitzenden der Deutsche Polizeigewerkschaft
(DPolG) Rainer Wendt einen Teilzeit-Beamtensold als Hauptkommissar in Höhe von 3348,68 Euro brutto im Monat, obwohl Wendt seit Jahren ausschließlich Gewerkschaftstätigkeiten ausführte, durch
Talkshows tingelte und in Aufsichtsräten von Privat-Unternehmen saß.
Es fragt sich, welches strategische Ziel diese breit angelegten Förderung der DPolG durch mehrere Bundesländer hatte und hat. Einerseits ging es sicherlich um gewerkschaftliche
Kern-Themen: den Abbau von Arbeit-nehmerrechten im öffentlichen Dienst. Hier kann eine Konkurrenz zum DGB für die Innenminister der Länder nützlich erscheinen.
Anderseits sind starke politische Motive erkennbar: Eine Diskurs-Ver- schiebung in Richtung der stark rechts aufgeladenen Stichworte “Innere Sicherheit”, “Ausländerkriminalität”,
“starker Staat”, “Abbau von Grund-rechten”, “Parallelgesellschaften”.
So konnte ein Polizeigewerkschafter ins Rampenlicht geschoben werden, der nur eine Minderheit gewerkschaftlich organisierter Polizist*innen vertrat. Dafür aber stets und überall umso
mehr die Klappe aufriss. Zur Verdeutlichung: Wann haben wir zuletzt Arnold Plickert, den geschäfts-führenden Bundesvorstand der DGB-Gewerkschaft der Polizei (GDP)
im TV gesehen?
Quelle: arbeitsunrecht in deutschland